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Christian Eisenberger. Cola Bier Ente Herr Tee 9975-15413-32682

(Öffnungszeiten überprüfen!) | Kunsthalle Gießen

Die Kunsthalle Gießen präsentiert vom 16.10. bis zum 31.12.2020 Arbeiten des österreichischen Künstlers Christian Eisenberger in seiner bisher ersten institutionellen Einzelausstellung in Deutschland. Die Werkschau Cola Bier Ente Herr Tee 9975–15413–32682 zeigt mit einer Auswahl an frühen und neu entwickelten Werken die enorme Vielfalt im medienübergreifenden Œuvre des Künstlers.

Christian Eisenberger (*1978 in Semriach, Österreich, lebt in Wien) wird eine gewisse Obsession, eine Art Hyperproduktivität nachgesagt. Er arbeitet in überbordenden Serien, kaum ist ein Bild trocken, wird parallel schon das nächste gemalt. Dabei bewegt er sich in den verschiedensten Medien und Genres von Street Art bis zur Land Art und bedient sich der Malerei und Zeichnung, der Performance und Skulptur bis hin zu Installation und Video. Erste Bekanntheit erlangte Eisenberger mit bemalten Pappfiguren von gesellschaftlichen Außenseitern, etwa Migrant*innen oder Wohnungslosen, aber auch Personen des öffentlichen Lebens, die er anonym im urbanen Raum platzierte. Häufig nutzt der Künstler für seine Arbeiten vergleichsweise „arme“ Materialien und Alltagsobjekte: gebrauchten Pappkarton, Tannenzapfen, Spinnweben – oder sich selbst und den eigenen Körper, wenn er sich beispielsweise, von einer Handkamera begleitet, einen Berg hinunter rollen lässt oder sich mit Klebeband umwickelt, um anschließend die wie Kokons anmutenden leeren Hüllen seines Körpers zu präsentieren.

Cola Bier Ente Herr Tee 9975–15413–32682 - Was zunächst wie ein militärischer Morsecode anmutet, ist vielmehr lautmalerisch zu verstehen. Kollabierende Herde, so lautet die phonetische Lesart des Titels, der den subtilen, seine Arbeiten stets begleitenden Humor des Österreichers enthüllt, aber auch als gesellschaftspolitische Anspielung verstanden werden kann. Die Zahlenabfolge, die in dynamischer Abwandlung fester Bestandteil seiner Ausstellungstitel ist, trägt augenzwinkernd eine biografisch-künstlerische Bedeutung in sich: so hat er insgesamt 9.975 Pappfiguren platziert, lebte bis zum Zeitpunkt der Eröffnung seiner Ausstellung in Gießen 15.413 Tage und hat bisher 32.682 Skizzen hergestellt.

In der aktuellen Ausstellung nimmt Christian Eisenberger dezidiert die aus Amerika stammende Kunstrichtung Land Art der späten 1960er Jahre in den Blick und interpretiert sie neu. Eisenberger holt Flora und Fauna in den Ausstellungsraum und löst die statische Trennung von innen und außen, verkäuflicher Kunst und dem Ephemeren auf. So wehen auf dem Berliner Platz vor der Kunsthalle Fahnen mit Naturdarstellungen, die wiederum als Exponate in der Ausstellung zu sehen sind. Indem sie so die Trennung von innen und außen aufheben, erweitern sie die Soloshow in der Kunsthalle in die städtische Umgebung.

Auf den Pfaden der historischen Vorgänger*innen erschließt Eisenberger gezielt neue Räume in der Natur abseits der klassischen Kunstorte, den Schweinestall, wo er mit einem Stock Spinnweben einsammelt oder den Wald, wo er Skulpturen aus Ästen rotieren lässt. Die abgelegenen Orte dienen dem Künstler als Freiraum. Dabei nutzt er überaus einfache Materialien, in der die vorgefundene Natur zum Mittel und Medium seiner künstlerischen Gestaltung wird. Die daraus entstehenden Werke bestehen oft nur für eine begrenzte Zeit, sei es, wenn Eisenberger eine schmelzende Eisskulptur baut oder federleichte Pusteblumen in die Form eines Revolvers bringt und damit die zerstörerische Kraft der Waffe zu einer Erinnerung an die Kindheit verwandelt.

Bei diesen Land Art-Projekten handelt sich um ortsspezifische Werke und Aktionen, die nur über das Medium Video oder Fotografie ihren Weg in den Ausstellungsraum finden und diesen mit Bezügen zum Außen konfrontieren. In der Kunsthalle werden zudem Objekte und Installationen aus natürlichen Materialien präsentiert, so zum Beispiel ein 6 x 6 Meter großer mosaikartiger Teppich aus Tannenzapfen oder fetischartige Objekte aus Spinnweben, die wie Zuckerwatte um Stäbe gewickelt sind.
Immer wieder verhandelt der Künstler in seinen Arbeiten durchaus gesellschaftsrelevante Themenkomplexe, wie ‚Mensch und Natur‘ oder ‚Leben und Tod‘. Aber auch Mechanismen des Kunstmarktes und dessen Umgang mit Künstler*innen und Werken sind genuiner Bestandteil seiner Reflexion. So gibt der Dokumentarfilm Eisenberger. Kunst muss schön sein, sagt der Frosch zur Fliege Einblicke in das Kunstmarktgeschehen, die Sammlerschaft und offenbart gleichzeitig die konzeptuelle Herangehensweise des Künstlers.
Die mitschwingende Ernsthaftigkeit in Eisenbergers Werk wird allerdings nicht selten mit Humor und einer mitunter lapidaren Bildsprache unterwandert, wenn der Künstler Zweigskulpturen von Spielzeugfiguren erklimmen lässt oder eine Bananenschale in Aluminium gießt. Seine Arbeiten kennzeichnen der Eindruck des Dahingeworfenen, des Schnoddrigen, Rohen, in ihnen steckt die Energie des Schnellen und Spontanen, aber auch eine gewisse Fragilität und Prozesshaftigkeit.

Das Ephemere ist von Beginn an ein zentrales Motiv seines Schaffens, sei es, wenn die bemalten Pappfiguren im öffentlichen Raum schließlich von der Müllabfuhr oder Passanten mitgenommen werden, oder wenn Werke in der Landschaft nur für kurze Zeit existent sind, bevor sie von den Bewegungen der Natur wieder einverleibt werden. So haben die Werke ein gewisses Eigenleben, werden nicht selten sich und dem Treiben der Natur oder der Stadt überlassen. Dem klassischen Ewigkeitsanspruch eines starren, auratisch aufgeladenen Kunstwerks wird der Eindruck der Vorläufigkeit und Unfertigkeit spielerischer Experimente, Gesten und Interventionen entgegengestellt – und so werden auch die Institutionen der Kunstwelt herausgefordert, zum Beispiel, wenn das Kunstwerk nicht auf Dauer als Objekt greif- und verkaufbar ist, oder sich gar nicht im Ausstellungsraum, sondern in der Natur befindet.

Immer wieder stellt der Künstler dabei auch die Frage nach Autor*innenschaft. Sei es in Form seiner frühen anonymen Street Art oder wenn er mitunter Tiere zu Teilhabern am künstlerischen Schöpfungsprozess macht. So schafft Eisenberger Objekte aus Zucker, die er von Ameisen zersetzen lässt oder nutzt Spinnennetze als künstlerisches Material für seine Malerei. In der aktuellen Ausstellung ist eine Reihe von Gemälden zu sehen, auf denen feine Spinnweben platziert sind. Das diffizile Geflecht wird mit seiner fragilen Stofflichkeit und seinem Detailreichtum zum Teil eines geheimnisvoll anmutenden Bildraumes. Dabei wird gerade die Malerei, die besonders eng gebunden ist an den Mythos des individuellen, alleine aus sich schöpfenden Genies, zur Co-Produktion von Mensch und Tier.
Häufig gibt der Künstler ab einem gewissen Punkt in seiner Malerei die Kontrolle ab und integriert den Zufall und die Eigendynamik der Materialien in seinen Bildfindungsprozess. So verwendet er Rauch als bildgebendes Verfahren, schüttet Farbe, die sich so selbstständig ihren eigenen Weg bahnt, oder arbeitet mit Abdrücken von Klebeband und Folie. Das Ergebnis dieser Arbeitsweisen sind überraschende, vielschichtige Formen, die sich zwischen abstrakt und figürlich bewegen und Rasterstrukturen mit freien Farbverläufen kombinieren.

Mit der ersten institutionellen Einzelausstellung Christian Eisenbergers in Deutschland gibt die Kunsthalle Gießen den Besucher*innen Einblick in diese unbändige Experimentierlust des Künstlers und in das Wagnis eines außergewöhnlichen Œuvres, das in seinem ganz eigenen Witz, seiner Offenheit und Vielseitigkeit immer wieder neue Zugänge und Interpretationen zulässt.

Kunsthalle Gießen
www.kunsthalle-giessen.de

Presse





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