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Boris Lurie

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Eisenhüttenstadt - Zwischen Modell und Museum

21.8. - 26.9.21 | Kunstverein im Kloster Neuzelle e.V.

Eisenhüttenstadt ist die ehemalige 'erste sozialistische Stadt Deutschlands'. Der Kern der Stadt wurde in den 50er Jahren geplant und gebaut. Dieser Kern ist heute als größtes Flächendenkmal in Deutschland denkmalgeschützt und mittlerweile fast durchgehend saniert. Der Impuls der Stadtgründung, der Versuch, eine bestmöglich organisierte Gemeinschaft städtebaulich und architektonisch zu formen, wird beim Durchwandern der Stadt deutlich und spürbar. Die Stadt hat aber mit dem Sozialismus auch die diesen Impuls begründende Idee verloren, ohne dass eine neue bisher an die freigewordene Stelle getreten wäre.

Indem die Stadt als Denkmal erhalten wird, ruft das damit erhaltene Bild einer vergangenen Zukunft fast zwangsläufig die Spekulation hervor, wie ein solcher städtbaulicher Entwurf heute konzipiert werden würde: auf welchen Grundlagen, für welche Zukunft. Dieser Impuls ist kräftig, jede Vorstellung muss aber aufgrund des Denkmalstatus Spekulation bleiben. Die künstlerischen, wissenschaftlichen, philosophischen Beiträge zum Projekt 'Eisenhüttenstadt - Zwischen Modell und Museum' entfalten diesen so anregenden wie widersprüchlichen Zustand eines vergangenen, aber konservierten Zukunftsversprechens.

Die künstlerischen Projekte werden an mehreren Orten in der Stadt präsentiert und über einen Plan erschlossen. Eine Konferenz im Friedrich-Wolf-Theater führt alle Beiträge in einer Diskussion zusammen.

Wo die Anwesenden im Raum einer Stadt sprechen, die ein vergangenes Gesellschaftsmodell verkörpert, erinnert die Diskussion auch an die Stadt als Raum der Begegnung und Aushandlung, an dem eine gesellschaftliche Willensbildung stattfindet. Hier stellt sich die Frage, wie dieser Raum der Aushandlung heute aussieht, wo er zu finden ist; und auch, ob eine Modellstadt einen solchen Raum zur Verfügung stellt.

SYMPOSION 21./22.8.21 Friedrich-Wolf-Theater Eisenhüttenstadt
ANMELDUNG ZUR KONFERENZ PER EMAIL ODER ÜBER 0179 / 52 47 736 ERBETEN.
FÜR AKTUELLE INFORMATIONEN ZU TERMINEN UND ZEITEN SIEHE WWW.KVNEUZELLE.DE
Kunstverein im Kloster Neuzelle e.V.
web: www.kvneuzelle.de
mail: kvneuzelle@kvneuzelle.de

Der Entwurfscharakter der Stadt wird im historischen Bedingungsgefüge von Großkonzepten urbanistischen Planens beleuchtet. Paul Landon (Montreal, Kanada) realisiert mit einem modifizierten Plan, auf Basis des Stadtplans von 1957, die Idee einer ins Unendliche ausgedehnten Stadt und stellt hier eine Beziehung zu urbanen Konzepten wie der ‚Ville radieuse‘ von Corbusier oder der Idee der linearen Stadt in Sowjetrussland her. Victor Muñoz Sanz (im Moment Delft, Niederlande) stellt als Stadtplaner und Architekt ein Forschungsprojekt vor, das die Auswirkungen und Spielräume des ‚Green New Deal‘ der EU für die Stadtentwicklung untersucht - mit Eisenhüttenstadt als einem möglichen Kooperationspartner; das Konzept der Stadt wies in der Gründungsphase bereits Elemente ökologisch nachhaltiger Orientierung auf, wie sie heute wieder aktuell sind.

Piotr Zamojski (Düsseldorf) stellt in seinem Projekt, das eine Serie von Schriftmalereien fiktiv in den Stadtraum projiziert, die in den städtischen Raum wirkenden Sprachformeln der politischen Propaganda der DDR-Zeit und der Werbung heute gegenüber, die sich zum Teil erstaunlich ähneln, und erzeugt in dieser Analogie die Frage nach dem Einzelnen und seinem Ort in der Sprache. Den geplanten Charakter der Stadt ermessend, beziehen sich Diana Artus, Stefanie Gaus und Volker Sattel (Berlin) in einer Analogie auf den konzeptionellen Raum der filmischen Sequenz - um zugleich in der Realisierung des Films auf das Eindringen der Unvorhersehbaren zu zielen.

Katharina Jahnke (Köln) nimmt in ihrem Beitrag den Modellcharakter der Stadt buchstäblich auf. Die Stadt verkörperte in ihrem Anspruch einen Blick in die Zukunft. Diesen utopischen Aspekt deutet sie von heute aus. Ihre Installation in der ehemaligen Wochenkrippe schafft, von diesem Gebäude als Teil der Modellstadt ausgehend, assoziativ und collagierend Bilder verschiedener Zeiten und Zustände. Lisa Andergassen und Jan-Henning Raff (Berlin) zielen mit ihrem Beitrag, der über Recherche und Beobachtung gewonnenes Bildmaterial in einem neu konstruierten interaktiven Bildraum reflektiert, auf ein Bild der Zukunft der Stadt heute, wie es sich aus der Überblendung
von Vergangenheit und Gegenwart erschließen lässt.

Sonia D‘Alto (Mailand/Hamburg) bezieht den im Denkmal erhaltenen Anspruch in der Stadt, Ideal oder Modell zu sein, auf die gegenwärtige Diskussion zur Utopie in Soziologie, Philosophie und Kunsttheorie. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob Eisenhüttenstadt für die Konzeption einer Kunstinfrastruktur, für ein Museum heute Modell sein kann. Lisa Andreani (Rom) entwirft, - ausgehend von einer im Rahmen ihrer Forschung am Bauhaus Lab angewandten Methode, die in einem Gebrauchsgegenstand und seinem Entwurf enthaltenen Ebenen von Idee, Gebrauch, Bedeutung zu entfalten -, einen Vorschlag für eine Museumspraxis, die in der Lage wäre, die Unterschiedlichkeit der Geschichten zu reflektieren, die mit dem Stadtkörper und dem in ihm realisierten utopischen Gedanken verbunden sind.

Michael Hofstetter (München) stellt mit seiner Schriftskulptur ‚ICHFINDEABERDASS‘, die in Kooperation mit dem Berufsbildungszentrum des Stahlwerks (BBZ ArcelorMittal) entsteht, die Frage nach dem Bezug des Einzelnen auf das Ganze. Ralf Werner (Saarbrücken) zeigt seine Installation ‚Phantom Monument‘ im Friedrich-Wolf-Theater. Ihr Zentrum ist ein Modell des im Nationalsozialismus zerstörten und 1946 wiederaufgebauten Märzgefallenen-Denkmals in Weimar. Die Frage nach dem Verhältnis von Original und Rekonstruktion überträgt sich auf die Stadt.

Samantha Fox (Pennsylvania, USA) hat die Stadt für ihre Dissertation beforscht und zwei Jahre dort gelebt. In der heutigen Stadtentwicklung, z.B. der Entwicklung und Integration von alten und familiengerechtem Wohnraum im ersten Wohnkomplex scheint die Gemeinwohlorientierung, die dem Entwurf der Stadt zugrundeliegt, im denkmalgeschützten Stadtraum neu motiviert zu werden.

Matthias Warkus (Jena) untersucht als Philosoph das Verhältnis von Eisenhüttenstadt als Zeichen (‚Idealstadt‘, ‚erste sozialistische Stadt Deutschlands‘) zu seinem tatsächlichen Gebrauch durch die BürgerInnen der Stadt. Pater Kilian, Subprior im 2018 wieder gegründeten Priorat der Zisterzienser in Neuzelle, stellt den geplanten Neubau eines Klosters im Wald von Treppeln, nicht weit von Eisenhüttenstadt, vor. Ein Kloster ist in seiner Idee selbst Bild und gleichzeitig realisiertes Beispiel einer ‚Idealstadt‘, als Repräsentation der Himmlischen Stadt Jerusalem. Sabine Sanio, die den Theorieschwerpunkt am Institut für Sound Studies and Sonic Arts an der UdK Berlin leitet, stellt mehrere Werke der Klangkunst vor, die den Raum einer Stadt hörbar machen. Im Fokus steht dabei eine gegenwärtige Leere des Stadtraums, die der historischen Bedeutung der Stadt als ‚Agora‘, als Ort der Zusammenkunft und gesellschaftlichen Willensbildung negativ entspricht.

Die zentralen Werkgruppen von Katharina Jahnke und von Piotr Zamojski werden in der ehemaligen Wochenkrippe, in direkter Nachbarschaft zum ‚Museum Utopie und Alltag‘ gezeigt. Sie werden von einer gemeinsamen Installation flankiert, die im letzten Sommer von Niklas Nitschke und Armin Hartenstein im temporären Atelier des Kunstvereins auf der Strasse der Republik 41 entstand.

Von Niklas Nitschke gross und rauh gemalte Szenen aus dem Gedächtnis der Stadt stehen im Verhältnis zum leeren Raum, der sich zwischen den Rückansichten zweier transparenter Grossformate von Armin Hartenstein auftut (zwischen dem nur abgewandt lesbaren Schriftbild „UND DER ZUKUNFT ZUGEWANDT“ und der Neuinterpretation einer Pietà von Fra Angelico).

Die Berliner Künstlerin Julia Kröpelin inszeniert eine Audioarbeit: „Duett“, deren Gesangslautein der Wochenkrippe geisterhaft zu schweben scheinen und durch ein Fenster auf die Strasse schallen. Zwei Stimmen in einer unmöglichen Begegnung über die Zeit, insistieren auf Wünsche und Träume, und tönen so gegen die museale Stille der Stadt. Der in New York lebende Komponist und Künstler Julian Day beginnt mit einer Videoskizze und der Aufführung eines unvollendeten Streichquartetts, das von ihm ergänzt wurde, eine längerfristige Auseinandersetzung mit der unvollendeten Stadt Eisenhüttenstadt.

Das Projekt ‚Eisenhüttenstadt - Zwischen Modell und Museum II‘ wird von der Stiftung Kunstfonds, Bonn, im Rahmen des Programms ‚Neustart Kultur‘, ebenso von der Sparkasse Oder- Spree, der Stadt Eisenhüttenstadt, dem Kulturamt Landkreis Oder-Spree und der GEWI Gebäudewirtschaft Eisenhüttenstadt gefördert, sowie durch das Museum für Utopie und Alltag freundlich unterstützt.

Kunstverein im Kloster Neuzelle e.V.
Stiftsplatz 3
15898 Neuzelle

www.kvneuzelle.de


Presse





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