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Boris Lurie

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documenta 14, Kassel

Von Athen lernen



Auf Einladung der Kunsthochschule Kassel fand dort am 6. Oktober 2014 das Symposion »documenta 14, Kassel: Von Athen lernen« statt. Bei der vom Künstlerischen Leiter Adam Szymczyk und seinem Team organisierten Veranstaltung wurden erste wichtige Mitglieder der organisatorischen Struktur der kommenden documenta vorgestellt und wesentliche Ideen sowie thematische Anliegen der 2017 stattfindenden Ausstellung diskutiert.

Seit der Gründung der documenta 1955 ist die Stadt Kassel Gastgeberin der Ausstellung. Die documenta war im Laufe ihrer dreizehn Ausgaben Gastgeberin zahlreicher Künstlerinnen und Künstler sowie anderer Kulturschaffender aus aller Welt. Doch letztlich scheint diese Gastgeberrolle – samt allen Privilegien, die diese mit sich bringt – nicht länger haltbar und verlangt förmlich nach einer, wenn auch nur temporären, Infragestellung. Davon ausgehend stellte Szymczyk die geplante Doppelstruktur der documenta 14 vor: Die documenta 14 wird 2017 einen zweiten Schauplatz – Athen – einführen und damit Kassel und die griechische Hauptstadt zu gleichberechtigten Ausstellungsorten machen. Die documenta wird damit ihre unangefochtene Position als Gastgeberin zugunsten einer anderen Rolle ruhen lassen: der Rolle des Gastes in Athen.

Szymczyk merkte an, dass diese Entscheidung auf vielfältigen grundsätzlichen Überlegungen basiert. Diese hängen mit der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Situation in Europa und weltweit zusammen, die künstlerisches Handeln motiviert. Darüber hinaus lassen sie es notwendig erscheinen, dass sich in der documenta 14 die greifbaren Spannung zwischen dem Norden und dem Süden – die in der zeitgenössischen kulturellen Produktion reflektiert, artikuliert und gedeutet wird – manifestiert. Teil dieser Herausforderung ist es, die Fallen einer binären Logik zu umgehen und die sich wandelnden Wirklichkeiten nachhallen zu lassen. Anstelle eines einzigen Spektakels mit einem festem Ort und einer klaren zeitlichen Struktur, wie sie für internationale Großausstellungen charakteristisch sind, wird die documenta 14 zwei Durchläufe umfassen, die sich zeitlich und räumlich in einem dynamischen Gleichgewicht befinden.

Die Distanz zwischen Kassel und Athen wird die Erfahrung von Besucherinnen und Besuchern der documenta 14 grundlegend beeinflussen. Die beiden weit voneinander entfernten Ausstellungen erzeugen eine geografische und mentale Verschiebung, die ein Gefühl des Verlusts und der Sehnsucht auslösen und so die Wahrnehmung der Ausstellung modifizieren können; dies wirkt Vorstellungen von Verwurzelung entgegen und widerspricht der verbreiteten normativen Annahme, dass eine solche Ausstellung nur als eine Einheit von Handlung, Ort und Zeit bestehen kann. Die documenta 14 hinterfragt diesen Status quo und wird versuchen, ein Vielzahl von Stimmen in, zwischen und jenseits der beiden Städte einzubeziehen, in denen sie stattfindet. Vom Standpunkt der Metropole am Mittelmeer ausgehend, wo sich Afrika, Naher Osten und Asien gegenüberstehen, öffnet sie sich über den europäischen Kontext hinaus. Die unterschiedlichen und auseinanderstrebenden Standorte und soziökonomischen Rahmenbedingungen von Kassel und Athen werden sich auf den Entstehungsprozess der Ausstellungen auswirken und zugleich jedes einzelne Kunstwerk inspirieren und prägen. Die an der documenta 14 teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler werden eingeladen, ihre Arbeiten innerhalb der Dynamik zwischen den beiden Städten zu konzipieren und zu produzieren.

Geplant ist, dass die documenta 14 im April 2017 in Athen und zwei Monate später, am 10. Juni, in Kassel eröffnet wird. So wird gewährleistet, dass es einen Monat gibt, in dem beide Teile der Ausstellung parallel stattfinden. Beide Ausstellung werden als autonome Projekte für diverse markante Standorte in Athen und Kassel entwickelt, wobei sie einander inhaltlich beeinflussen, ohne sich formal zu wiederholen. Anstatt ein in Kassel vorgefertigtes Event an einem oder mehreren pittoresken Schauplätzen in Athen »abzusetzen«, will die documenta 14 von der Stadt und ihren Einwohnern lernen. Die documenta 14 wird nicht nur die Summe zweier Bestimmungsorte sein, sondern sich in einem dreijährigen Prozess des Lernens und der Wissensproduktion entwickeln und dazu beitragen, an beiden Orten Räume für öffentliches Leben zu schaffen. Die Communitys beider Städte werden in diesen Prozess einbezogen und an dem Projekt mitarbeiten. 2013/14 haben in Athen bereits einige aufschlussreiche Treffen mit dortigen Kulturproduzenten, die die kulturelle Vielfalt wie die Widersprüche des heutigen Griechenlands repräsentieren, stattgefunden; auch wurde eine anhaltende Diskussion über die Zusammenarbeit mit bestimmten Kulturinstitutionen der Stadt begonnen. Parallel dazu fanden solche Gespräche in Kassel statt.

Griechenland ist 2014 kein Einzelfall; es ist Sinnbild für eine sich rapide verändernde globale Situation und verkörpert die wirtschaftlichen, politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Dilemmas, mit denen sich Europa heute konfrontiert sieht – ähnlich wie Kassel 1955 für die Notwendigkeit stand, mit dem Trauma der Zerstörung, das der Nationalsozialismus in Deutschland mit sich gebracht hatte, umzugehen, und gleichzeitig als strategisch bedeutsamer Ort im beginnenden Kalten Krieg diente. Athen ist beispielhaft für die aktuellen Probleme, die über die sprichwörtliche Vorstellung von der »griechischen Krise« hinausgehen, denn tatsächlich sind diese Probleme ebenso europäische und globale wie griechische, und sie sind keineswegs gelöst. Doch sie bieten uns eine Möglichkeit, der Vorstellungskraft, dem Denken und dem Handeln einen Raum zu eröffnen, anstatt sich an dem entmachtenden neoliberalen Spiel zu beteiligen, das sich selbst als (Nicht-)Handlungsoption in Gestalt der (Nicht-)Wahlmöglichkeit der Sparpolitik präsentiert. Die Wahl des Zeitpunkts und des Standorts Kassel waren 1955 eben jene Faktoren, die es der documenta ermöglichten, sich zu einem Projekt zu entwickeln, das inzwischen seit mehr als einem halben Jahrhundert Bestand hat; doch die soziopolitischen Parameter, die die Dringlichkeit der documenta ausmachten, sind heute nicht mehr wirksam. Dieses Gefühl der Dringlichkeit muss daher anderswo gefunden werden.

Szymczyk und sein Team schlossen mit der Bemerkung, dass die documenta 14 – mit ihrer temporären Verlagerung und Verdoppelung der Perspektiven – jene künstlerischen Strategien ermöglichen könnte, die nach der Realität einer zeitgenössischen Welt greifen – einer Welt, die als Ort für eine aus Individuen bestehende Multitude verstanden wird und nicht als ein Territorium, das von hegemonialen Beziehungen definiert wird, die sie für viele zu einem Ort des Leidens und des Elends machen. Diese Welt, die größer ist als Deutschland oder Griechenland, wird das Thema der Ausstellung sein.

ANHANG
Die documenta 14 wird von Adam Szymczyk als Künstlerischem Leiter mit einem Team organisiert, dessen erste Mitglieder vorgestellt wurden:

Pierre Bal-Blanc, Kurator; Marina Fokidis, Leiterin des Künstlerischen Büros Athen; Hendrik Folkerts, Kurator; Henriette Gallus, Leiterin der Abteilung Kommunikation; Annie-Claire Geisinger, Koordinatorin des Kommunikationsbüros Athen; Quinn Latimer, Redakteurin der Publikationen; Andrea Linnenkohl, Assistentin des Künstlerischen Leiters; Hila Peleg, Kuratorin; Christoph Platz, Leiter der Ausstellungsabteilung; Dieter Roelstraete, Kurator; Fivos Sakalis, Pressereferent/ Griechische Presse; Katrin Sauerländer, Leiterin der Publikationsabteilung; Monika Szewczyk, Kuratorin; Katerina Tselou, Assistentin des Künstlerischen Leiters.


Die visuelle Identität der documenta 14 wird sich mit der Zeit und in Reaktion auf die Entwicklung des Projekts verändern; in diesen Prozess werden folgende Design-Büros involviert sein: Julia Born & Laurenz Brunner, Berlin; Mevis & Van Deursen, Amsterdam; Vier5, Paris & Kassel; und Ludovic Balland Typography Cabinet, Basel.

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