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Boris Lurie

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Art & Fashion



Zwischen Haut und Kleid
"Wer soll das denn tragen?" - diese Frage stellt sich häufig angesichts der exzentrischen Kreationen mancher Modeschöpfer. In diesem Fall erübrigt sich die Antwort: Maryna, Die Modenschau ist ein Entwurf des Designerduos Viktor & Rolf für deren Herbst-/ Winter Kollektion 2007/2008 und dieser ist mit seinen integrierten Scheinwerfern und den Lautsprechern, aus denen dramatische Musik erklingt, mehr Kunst als Kleidung, eine eigene Modenschau en miniature. Amüsant die Vorstellung, wie die Reaktionen auf ein derartiges Outfit ausfielen. Kann Mode Kunst sein?

Bereits mehrfach hat das Kunstmuseum Wolfsburg mit Ausstellungen zum Thema Mode auf sich aufmerksam gemacht, etwa mit Avantgarderobe. Kunst und Mode von 1900 bis heute (1999) oder der Werkschau des britisch-zypriotischen Designers Hussein Chalayan (2005/06).

Unmittelbar im Anschluss an die Berliner Fashionweek präsentiert das Museum nun mit Art & Fashion. Zwischen Haut und Kleid zeitgenössische Positionen von Künstlern und Designern, die herkömmliche Vorstellungen des Begriffes Mode unterlaufen. Einige der Werke in der Ausstellung, die bereits im Museum Boijmans Van Beuningen in Rotterdam zu sehen war, entstammen der Stiftung H+N Fashion on the Edge, die Modeschöpfer und deren nicht-kommerzielle Entwürfe durch Auftragsarbeiten fördert.

Tatsächlich sind sowohl Modedesigner im klassischen Sinn vertreten – neben Viktor & Rolf beispielsweise der exzentrische Martin Margiela, der seine Identität so geschickt zu verschleiern weiß, dass die Suche nach Fotos von ihm vergeblich bleibt oder Rei Kawakubo, der Kopf des Labels Comme des Garcons – als auch Vertreter des etablierten Kunstkanons. Schon in der Vergangenheit haben zahlreiche Künstler Mode (wenn auch im erweiterten Sinn) in ihre Arbeit eingebunden. Man denke an Andy Warhols fröhliche Schuhzeichnungen, Beuys Filzanzug oder an Sonia Delaunays Damenkollektionen, welche die farbenfrohe Ästhetik ihrer Malerei aufgreifen.
Stellvertretend für viele andere wurde in Wolfsburg Robert Gobers mit menschlichen Haaren versehene Skulptur Haariger Schuh und ein pinker Plüschkopf von Louise Bourgeois ausgewählt. Spätestens angesichts dieser Gegenüberstellung vom scheinbar trivialen Topos Mode und Fine Art wird klar, dass die Beiträge von Gober und Co. gar nicht notwendig gewesen wären und eine Arbeit wie Dalís Le Roy Soleil sogar deplaziert scheint.

Mehr amüsant denn anmutig wirken die Beiträge des Belgiers Walter van Beirendonck. Dem haarlosen Mann weiß er mit seinem Shirt Letzendlich Brusthaar zu helfen und mit der poppig-bunten Installation 2357 – Die Fortsetzung, die in ihrer naiv-kindlichen Bildsprache an Takeshi Murakami und historische Videospiele erinnert, hat er sich gleich sein eigenes Mausoleum gebaut, eine wohl nicht ganz ernst gemeinte Protoreliquie für kommende Generationen. So zauberhaft das anzusehen ist – der Sinn ihrer Präsentation im Ausstellungskontext bleibt rätselhaft.

Spannend hingegen ist in der Ausstellung die Fragestellung nach der Trennlinie zwischen Kunst und Mode. Tragbar sind die wenigsten der gezeigten Stücke, denn selbst für die Pelzperücke des durchaus etablierten Labels Bless bedarf es einen Hang zur Extravaganz und Christophe Coppens Rehcape kann schwerlich als alltagstauglicher Gebrauchsgegenstand durchgehen.
Genau hier fängt es an, interessant zu werden. Raus aus dem Kleiderschrank, rein ins Museum? Ganz so einfach ist es dann doch nicht, aber, dass Mode mehr ist als bloße Körperkleidung, dass sie ebenso wie traditionelle Hochkunst den Zeitgeist einfangen und kritisch reflektieren kann, beweist Art & Fashion zweifellos. Die Rolle von Avandgardisten wie Margiela und Kawakubo ist dabei ihren Künstlerkollegen, den Vertretern der Postmoderne, in sofern verwandt, als dass auch erstere ihr Material kritisch bearbeiten und in ihren Kollektionen diese Selbstreflexion zum eigentlichen Thema machen.

Kein modisches Gespür beweisen die Kuratoren leider bei der Präsentation der Werke. Die teilweise knallbunten Wände irritieren und die Anhäufung von an sich starken Objekten, die beinahe an eine Wunderkammer erinnert, wirkt schlicht überladen. Schade auch, dass gerade die ausgestellten Kleidungsstücke lediglich an Schaufensterpuppen zu sehen sind und dadurch, vergleichbar den Relikten einer Performance, viel von ihrer Strahlkraft einbüßen. Gerade das Wechselspiel von Kleid und Körper, das beispielsweise mit Hilfe von Mitschnitten einer Modenschau hätte anschaulich gemacht werden können, macht einen Großteil der Faszination von Mode aus.

Am Ende versöhnt einen dann eine weitere Arbeit des Duos Viktor & Rolf.
Im Inneren einer Art Holzschuppen erwartet den Besucher in völliger Dunkelheit zur Abwechslung kein visuelles, sondern ein olfaktorisches Erlebnis. Alternative No. 1 haben die Beiden ihre ungewöhnliche Duftkreation betitelt, die manchen Besucher an den Geruch von Tomatensuppe erinnerte.
Wieder hat man es mit einem der herkömmlichen Ökonomie der Modeindustrie, nämlich deren wirtschaftlichen Verwertbarkeit quer gestellten Objekt zu tun, denn das Parfum wurde niemals auf den Markt gebracht und würde sich wohl auch nicht gut verkaufen. Stellvertretend für das Sujet der Ausstellung wird hier ein weiteres Mal die Idee von Haute Couture auf die Spitze getrieben und zugleich ad absurdum geführt.
Hier im Museum findet das Parfum als eigenständiges Werk seinen legitimen Platz.
Von Kunst kann da sehr wohl die Rede sein,

Art & Fashion. Zwischen Haut und Kleid
5. März bis 7. August 2011
Dienstag 11-20 Uhr
Mittwoch bis Sonntag 11-18 Uhr

Kunstmuseum Wolfsburg
Hollerplatz 1
38440 Wolfsburg

kunstmuseum-wolfsburg.de

Eva Biringer





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