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Boris Lurie

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Spezial: Zeitgenössische Kunst in Mexiko-Stadt | Teil 2



Fernando Bryce. East Asia Review, 2006. Serie de 40 dibujos. Tinta sobre papel. Copyright Burger Collection.

Fernando Bryce. Drawing Modern History im MUAC, Mexiko-Stadt
Eine illustrierte Enzyklopädie moderner Mediengeschichte

Die Außenwände der Zentralbibliothek in der Universitätsstadt der UNAM erzählen auf etwa 4000 Quadratmetern die mexikanische Geschichte. Juan O´Gorman hat in einem akribischen Prozess von der präkolumbischen Zeit, über die spanische Herrschaft hin zur Revolution die wichtigsten Stationen Mexikos in einem ausgefeilten Mosaik untergebracht, ein Weltrekord. Wandmalereien von David Alfaro Siqueiros und Diego Rivera schmücken die Gebäude, die gemeinsam mit den Anlagen und Parks der Universitätsstadt 2007 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden. Wir fahren mit der roten Linie des campuseigenen Busnetzes ins Kulturzentrum der UNAM. Theater-, Orchester- und Museumsarchitektur lassen das Berliner Kulturforum blass aussehen. Hier besuchen wir das Museo Universitario Arte Contemporáneo, die größte öffentliche Institution zeitgenössischer Kunst in Mexiko-Stadt. Seit dem 3. März versammelt sie in der Ausstellung “Fernando Bryce. Drawing Modern History”, eine Zusammenarbeit mit dem Museo de Arte de Lima, Arbeiten des peruanischen Künstlers aus den letzten beiden Dekaden.

Bryce, geboren 1965 in Peru, setzt sich in seinen Zeichnungen mit politischen Ereignissen und Zusammenhängen auseinander. Er betreibt eine medienhistorische Analyse, indem jedem seiner Werkkomplexe eine umfassende Recherche in Archiven vorausgeht, die in seiner Arbeit niedergezeichnet wird. Seine Methode der Darstellung historischer Erinnerung hat er früh als "mimetische Analyse" definiert. Sorgfältige Kopie offizieller Dokumente - Pressebilder, politische Propaganda oder Werbung - erzählen die Mediengeschichte des 20. Jahrhunderts. In großen Serien aus Tuschezeichnungen auf A3- oder A4-Papier verarbeitet er seine Forschungen; seine Darstellungen spielen zwischen Re-Präsentation, Kopie und Inszenierung, sie parodieren und ironisieren, zeigen Machtverhältnisse und ihre Medialisierung auf.

Bryce deckt Vorurteile auf, die allgemein akzeptierten offiziellen Diskursen zugrunde liegen ohne die Geschichte retrospektiv wie ein Historiker zu analysieren. Durch die Augen der Medien und Reporter sehen wir auf diese Weise ein authentisches und zeitgenössisches Bild der Ereignisse. In Zyklen zeigt er beispielsweise kritische Ereignisse des Kalten Krieges in Lateinamerika; andere Serien widmen sich dem Spanischen Bürgerkrieg, erkunden Momente des europäischen Kolonialismus oder des Zweiten Weltkriegs. In dieser Gegenüberstellung bieten die unterschiedlichen Quellen den Kern besonders dramatischer Erzählungen.

Die Arbeit „Revolución“ (2004) besteht aus 214 Zeichnungen und zeichnet die Mediengeschichte der Revolutionen des Jahrhunderts, vor allem die der Kubanischen Revolution, nach. Auch in dieser Serie dienten Bryce Fotos und Kopien der Titelseiten verschiedener Zeitungen als Vorlage, die er in einem akribischen Zeichnungsprozess mit Tusche auf Papier übertrug. Das Zusammenspiel der verschiedenen Medien gibt der Zeichnung eine eigene Ästhetik und Dynamik.

Visión de la Pintura Occidental (Vision of Western Painting, 2002) ist eine Installation über die prekäre Natur des Kunstsystems in Peru und das ambivalente Verhältnis der lokalen Szene mit der europäischen Bildtradition. 39 Reproduktionen einer Kollektion aus den 50er Jahren, Arbeiten alter und moderner Meister der europäischen Kunstgeschichte, stehen im Mittelpunkt. Sie wurden damals für das nicht mehr bestehende Museum of Pictorial Reproductions, Lima, produziert. 96 Kopien der Museumskorrespondenzen über dieses Projekt flankieren die Installation und kommentieren ironisch die peruanische Institutionsbürokratie.

Jüngere Serien wie World on Fire (2010-2011) stellen harte Schlagzeilen politischer Ereignisse der Zeit einer kommerziellen Ikonografie aus klassischen Filmen des amerikanischen oder deutschen Kinos gegenüber. Bryce konzentriert sich auf publizierte ideologische Inhalte: Krieg und Revolution, Ausbeutung in der Kolonialzeit, die Außenpolitik, Herrschaft imperialer und künstlerischer Programme, wie sie offiziell in ihrer eigenen veröffentlichten grafischen Sprache zu sehen sind, er stellt zeichnerisch eine figurative Ideologie dar und formt dabei die Genealogie ihrer Geschichte. Die Erzählung ist Dokumentation, Enzyklopädie und Interpretation zugleich.

Drawing Modern History bildet eine spielerische wie erschreckende Annäherung an historische Abgründe unserer modernen Geschichte. Die Ausstellung ist bis zum 3. Juni 2012 im MUAC der UNAM zu sehen und wird von einem Essay zu Bryce Arbeit auf Spanisch und Englisch begleitet, sie zieht im Sommer nach Argentinien. Wer es nicht nach Mexiko schafft, kann sich über Bryce Arbeiten in der Galerie Barbara Thumm informieren, sie vertritt den Künstler in Berlin.

Öffnungszeiten: Mi, Fr + So 10 - 18 Uhr; Di + Sa 12 - 20 Uhr

Fernando Bryce: drawing modern history
Museo Universitario Arte Contemporáneo
Insurgentes Sur 3000, Centro Cultural Universitario, C.P. 04510, Ciudad de México
http://www.muac.unam.mx/


Vivi Kallinikou





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