Anzeige
Boris Lurie

Logo art-in.de


Stan Douglas: Mise en scène

Musik, Film, Theater, Fotografie sowie digitale Formate

20. Juni - 12. Oktober 2014 | Haus der Kunst, München

Derzeit steht Stan Douglas an einem ganz besonderen Moment seines künstlerischen Werdegangs: Seit 2008 hat er großformatige fotografische Werkserien produziert, und in den jüngsten Werken Musik, Film, Theater, Fotografie sowie digitale Formate aufs engste verwoben, so dass sie gleichzeitig mehreren Medien zuzuordnen sind.

Eine Hauptattraktion der Ausstellung ist die Video-Musik-Installation "Luanda-Kinshasa" (2013), eine fiktive Erzählung über den abwesenden Miles Davis. Neuland betritt Stan Douglas auch mit der Theaterproduktion "Helen Lawrence" (2014), bei der die Darbietung der Schauspieler augenblicklich in eine computergenerierte Umgebung eingefügt wird (zeitgleich zur Ausstellung als Gastspiel in den Münchner Kammerspielen).

Die Ausstellung vereint außerdem die neuesten, überwiegend großformatigen fotografischen Werkserien: "Crowds and Riots" (2008), "Interiors" (2009-2010), "Midcentury Studio" (2010-2011), "Malabar People" (2011) und "Disco Angola" (2012). Diese Fotografien inszenieren historische Momente, vorwiegend aus der Zeit vom Kriegsende bis Mitte der 1970er-Jahre: die Schwarzmarktkultur der Nachkriegszeit und den Übergang zu anderen Formen des Warenhandels, streikende Hafenarbeiter, Demonstrationen für die Redefreiheit sowie die Auseinandersetzung zwischen Hippies und Staatsmacht. Mit der Werkserie "Disco Angola", einer synchronen Betrachtung der Discokultur in New York und der spannungsgeladenen Atmosphäre in Angola, bindet Stan Douglas beide Kulturen in eine übergreifende Narration über Postkolonialismus ein. Auf diese Weise bereichert er die Präsentationen, die sich in jüngster Zeit im Haus der Kunst auf Konzepte der Entwicklung von Modernität konzentriert hatten, um die bewusst fragmentarisch angelegte Erzählung: "Man inszeniert ein Historiendrama in Bruchstücken, die einen dazu anregen, sich eine umfassendere Situation vorzustellen." (Stan Douglas)

"Midcentury Studio", 2010-2011

Nach dem Zweiten Weltkrieg widmeten sich u.a. ehemalige Soldaten der Fotografie, weil sie hofften, vom Fotojournalismus leben zu können. Ein bezeichnendes Beispiel hierfür war Raymond Munro. Stan Douglas schildert dessen Werdegang so: "ein Veteran der kanadischen Luftwaffe, der 1949 beschwipst und mit einer Schlüsselbeinfraktur in Vancouver auftauchte, um sich bei einer Lokalzeitung als Luftbildfotograf zu bewerben. Munro war kein ausgebildeter Fotograf, aber er war sich sicher, dass er ein Flugzeug mit einer Hand fliegen konnte; er bekam den Job." Im Archiv der Fotoagentur Black Star in der Universität Ryerson schaute sich Stan Douglas zahlreiche Bilder aus den Jahren 1945 bis 1950 an. Sie wurden von Autodidakten mit einer unhandlichen 4 x 5" Laufbodenkamera mit Blitz, die langsam zu laden und mühselig einzustellen war, aufgenommen. Die Motive waren Verbrechen, Unfälle, Straßenszenen, Tiere, Mondscheinkneipen, berühmte Leute - alles, was dem Fotografen Geld einbrachte. Für die 29-teilige Schwarzweißserie "Midcentury Studio" schlüpft Stan Douglas in die Rolle eines solchen Fotografen der Nachkriegszeit, der für praktische Zwecke fotografiert und "schlechte Fotos, aber manchmal ... interessante Bilder" macht. In "Camouflage, 1945", 2011 etwa soll die Beleuchtung das Modell eigentlich besser sichtbar machen, tatsächlich aber macht sie es völlig unsichtbar. Und "Athlete, 1946" ist das Porträt eines Sportlers, bei dem das Geschehen am Bildrand vom Thema ablenkt, weil der Moment des Abdrückens ungeschickt gewählt ist.

So sorgfältig Stan Douglas die historischen Ereignisse auch recherchiert und so aufwändig er sie inszeniert - die Fotografien sind dennoch frei von jedem Anspruch auf Geschichtstreue oder Deutungshoheit. Sie geben sich als Mutmaßungen und Fragmente zu erkennen, als eine im Konjunktiv II vorgetragene Erzählung. Stan Douglas wendet eine literarische Technik an: Nach Recherche der historischen Fakten erschafft der Autor eine fiktive Hauptfigur und erzählt aus auktorialer Perspektive, wie es gewesen sein könnte. Auch ein entsprechend konstruierter Roman vermittelt den Eindruck, dass Wissen Stückwerk ist, und Realität instabil.

"Disco Angola", 2012

Die 1974 und 1975 angesiedelte Serie von acht Farbfotografien kombiniert Situationen in Angola und New York. In dieser Zeit führte in Angola die Auseinandersetzung um Unabhängigkeit und Entkolonialisierung zum Bürgerkrieg. Diesmal schlüpft Stan Douglas in die Rolle eines Fotografen, der mit wenig Ausrüstung arbeitet, auf 35mm-Film, bereit schnell zu wechseln und schnell zu knipsen um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, das richtige Bild zu bekommen. "Irgendwie ist es ihm gelungen, das Vertrauen von einigen Rebellen zu gewinnen, die ihn mit wiederum anderen Leuten bekannt machen, die ihm dann die einheimischen Verhaltensregeln beibringen; die nicht zu kennen, wäre tödlich", sagt Stan Douglas über diesen fiktiven Abenteurer. Versklavte Afrikaner, die im 18. Jahrhundert von Luanda aus über die Mittelpassage verschifft wurden, hatten die afrikanisch-brasilianische Kampfkunst Capoeira in die Neue Welt gebracht. Mit "Disco Angola" stellt sich Stan Douglas vor, diese Kampfkunst sei in ihr Heimatland zurückgekehrt.

"Luanda-Kinshasa", 2013

Diese Video-Musik-Installation hat ihre Europapremiere im Haus der Kunst. Sie erzählt von einer Studioaufnahme, die Miles Davis nach der Veröffentlichung seines Albums "On the Corner" im Jahr 1972 hätte gemacht haben können. Etwas naiv war Miles Davis der Meinung, Anleihen bei klassischer indischer Musik und bei Karlheinz Stockhausen seien das richtige Rezept für den Kontakt zu einem jüngeren Publikum. Allerdings beschloss Columbia Records, "On the Corner" mit Blick auf eine ältere Zielgruppe von Jazzfans zu vermarkten; das Album wurde Miles Davis´ größter Flop.

"Luanda-Kinshasa" imaginiert, dass Miles Davis - statt mit seiner Tourband bis zu seinem Bühnenabschied 1975 drogenselige Jams aufzunehmen - versucht haben könnte, mit einer anderen, neuen New Yorker Jugendkultur in Kontakt zu treten. Er hätte hierfür etwa sein Interesse an Weltmusik ausdehnen und den Dialog mit dem Afrobeat von Manu Dibango aus Kamerun suchen können, der ebenfalls synthetischen Jazz und Funk fusionierte.

Realisiert hat Stan Douglas das Projekt in einem Nachbau des Columbia-Studios in der 30. Straße, in dem Miles Davis von 1954 bis 1981 alle seine Studioalben aufgenommen hatte. Zeitkodiert und synchronisiert filmen zwei bewegliche Kameras auf Schienen die wartenden, zuhörenden, plaudernden, spielenden Musiker und ihre Entourage. Wie in "Journey Into Fear" (2001) bildet eine begrenzte Anzahl von Kameraeinstellungen und Handlungsfragmenten - hier Ensembleauftritten - die Grundlage für eine nahezu endlose Anzahl möglicher Variationen: Immer wenn ein Musiker oder eine Musikerin nicht im Bild ist, kann seine oder ihre Darbietung durch eine alternative Aufnahme ersetzt werden. Miles Davis selbst ist durch Abwesenheit präsent - im Ensemble von Stan Douglas gibt es keinen Trompeter.

"Helen Lawrence", 2014

Die kinohafte Bühnenproduktion "Helen Lawrence" spielt in Vancouver im Jahr 1948 und zitiert die Ästhetik des Film Noir. Das Setting ist "eine heimtückische, wechselhafte Umgebung mit Polizisten, Rotlichtmilieu, Soldaten, Flüchtlingen, beschädigten Waren und geisterhaften Lovern, die im Treibsand Fuß zu fassen suchen" (Stan Douglas). Die Hauptfigur, Helen Lawrence, ist psychisch instabil und bleibt höchst ambivalent: Hat sie ihren Ehemann getötet, oder war der Mörder ein anderer?

"Helen Lawrence" verbindet Theater mit Film und computergenerierter Bildwelt. Die Schauspieler agieren gleichzeitig als Kameraleute, deren Abbild in übergroßen Projektionen präsent ist. "Helen Lawrence" hatte im März 2014 Weltpremiere am World Premiere Arts Club Theatre, Vancouver, und kommt als Gastspiel an die Münchner Kammerspiele.
...

Diese jüngste Arbeit macht das Vancouver der Nachkriegszeit als App erfahrbar. Erstmalig arbeitet Stan Douglas mit diesem Format für iPhone. 31 Geschichten ereignen sich in Hotel, in dem auch "Helen Lawrence" spielt, weitere 14 in einer kleinen Gasse.

Zur Ausstellungsbiografie von Stan Douglas, geb. 1960 in Vancouver, Kanada, gehört neben zahlreichen Einzelausstellungen die mehrfache Teilnahme an der documenta sowie an der La Biennale di Venezia.

Die Ausstellung Stan Douglas: Mise en scène wird für das Haus der Kunst von León Krempel kuratiert. Sie ist eine Koproduktion des Carré d´Art in Nîmes und des Irish Museum of Modern Art in Dublin.
...

Haus der Kunst München
Prinzregentenstraße 1
80538 München
Germany
+49 89 211 27-115
hausderkunst.de

Presse





Kataloge/Medien zum Thema: Stan Douglas



Stan Douglas:


- 19 New Acquisitions in Photography,MoMA

- 1st Parasophia Kyoto International Festival of Contemporary Culture 2015

- Art Basel 2013

- Art Basel Hong Kong 2014

- Art Basel Miami Beach 2013

- art cologne 2015

- artbasel2021

- Berlin Biennale 1998

- Biennale Venedig 2019

- Biennale Venedig 2022 Pav

- Canadian Biennial 2017

- daad Stipendiat

- documenta 10 1997

- documenta 11 2002

- documenta 9 1992

- fast forward2 - ZKM Karlsruhe

- Flick Collection

- Frieze LA 2019

- Frieze LA 2019

- Frieze London 2013

- Frieze London 2022

- Frieze London 2022

- Galerie David Zwirner

- Galleries ART DUBAI CONTEMPORARY 2015

- Gwangju Biennale 1997

- Kochi-Muziris Biennale 2016

- Liverpool Biennial 2012

- Lyon Biennale 1995

- MoMA Collection

- S.M.A.K. Sammlung Gent

- Sammlung Deutsche Bank 2020

- Sammlung F.C. Flick

- Sharjah Biennial 2019

- skulptur projekte münster 1997

- Solomon R. Guggenheim Collection

- UNTITLED 2018

- Victoria Miro - Gallery
  • Künstlerliste Documenta11 (05.02)

  • Carsten Ahrens wird neuer Direktor des Neuen Museum Weserburg, Bremen

  • UDK Absolventenausstellung im Bereich Bildende Kunst - Künstler und ihre Zukunftsperspektiven

  • Stan Douglas - Württembergischer Kunstverein / Staatsgalerie Stuttgart (15.9.07-6.1.08)

  • ECM - Eine kulturelle Archäologie

  • fast forward 2. The Power of Motion - ZKM Museum für neue Kunst, Karlsruhe

  • Weltsichten

  • Open End

  • Canadian artist Geoffrey Farmer wins the 2013 Gershon Iskowitz Prize

  • Aus der Datenbank - 200 Künstler mit Biennale Hintergrund

  • Unser aktuelles top 69 Ranking im Februar 2014 - ungefiltert

  • Die top 106 im Mai 2014

  • Stan Douglas: Mise en scène

  • Kunst / Geschichten

  • Künstler liste Ende Oktober 2014

  • Künstlerdatenbank

  • Datenblätter und Kunstkompass

  • Künstlerliste 2015 inklusive Messebeteiligungen

  • Biennalen Künstler Verknüpfungen

  • Okwui Enwezor für weitere fünf Jahre Direktor des Haus der Kunst

  • Künstlerliste 2018

  • Neues aus der Künstlerdatenbank

  • Naturgeschichten

  • Künstlerliste 2017

  • Künstlerliste mit Biennalebeteiligungen

  • Der Begriff - oder/III - in Texten zur zeitgenössischen Kunst

  • Über 500 Künstler*innen und die Anzahl der Biennaleteilnahmen

  • Biennalen und ihre Künstler 2018

  • Künstlerliste Venedig Biennale 2019 - Künstler*

  • Unsere top 109 der Künstler*liste 2019

  • Unsere top Biennaleteilnehmer* der Künstler*liste 2019

  • Adventskalender 2019

  • Untersuchung Kunstsystem - Visualisierungen von Netzwerkanalysen

  • Untersuchung: Künstler* Liverpool Biennale 2012

  • Die aktuelle Künstler*liste mit Biennalefaktor (2020)

  • Künstler* sind in der Künstler*datenbank vertreten und haben oder haben nicht an Biennalen teilgenommen

  • Künstler* mit mehr als 5 Einträgen in unserer Künstlerdatenbank

  • Künstler* mit mehr als 6 Einträgen in unserer Künstler*datenbank. Alphabetische Reihenfolge

  • Die neue Künstler*liste 2023, 2021, 2019

  • Aus unserer Datenbank: Künstlerprogramm des DAAD und documenta

  • Künstler:innen 2023 / 2021

  • THE CULTURE. Hip-Hop und zeitgenössische Kunst im 21. Jahrhundert

  • top



    Anzeige
    Magdeburg unverschämt REBELLISCH


    Anzeige
    Responsive image


    Anzeige
    artspring berlin 2024


    Anzeige
    Alles zur KI Bildgenese


    Anzeige
    SPREEPARK ARTSPACE

    Anzeige Galerie Berlin

    Responsive image
    Rumänisches Kulturinstitut Berlin




    Anzeige Galerie Berlin

    Responsive image
    ifa-Galerie Berlin




    Anzeige Galerie Berlin

    Responsive image
    GEDOK-Berlin e.V.




    Anzeige Galerie Berlin

    Responsive image
    GalerieETAGE im Museum Reinickendorf




    Anzeige Galerie Berlin

    Responsive image
    tunnel 19