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Boris Lurie

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Die Kräfte hinter den Formen

Erdgeschichte, Materie, Prozess in der zeitgenössischen Kunst

12. 12. 2015 - 28. 02. 2016 | Galerie im Taxispalais, Innsbruck

Roger Hiorns, Untitled, 2013, Ausstellungsansicht The Hepworth Wakefield, Wakefield, Düsentriebwerk, Feuer, Antidepressiva, junger Mann, 190 x 98 x 90 cm, Courtesy der Künstler, The Hepworth Wakefield und Corvi-Mora, London © 2015 Bildrecht, Wien; VG Bild-Kunst, Bonn, Foto: Stuart Whipps

Die Ausstellung Die Kräfte hinter den Formen widmet sich der Auseinandersetzung mit Materie und Naturprozessen in der zeitgenössischen Kunst. Sie versammelt Arbeiten, die Entstehungsprozesse und Formkräfte in der Natur reflektieren, in eine künstlerische Form übersetzen und ihre Bezüge zum Menschen ausloten. Die Imaginationskraft, die in der Vergegenwärtigung von Naturprozessen liegt, gewinnt gerade in jüngster Zeit wieder an Aktualität. Die breit geführte Diskussion, ob wir mittlerweile in einer menschengemachten Umwelt leben, schärft das Bewusstsein für die Natur und die hinter ihren Erscheinungen stehenden Kräfte wie auch für die Auswirkungen unseres Handelns auf die Umwelt. Auch der aktuelle wissenschaftstheoretische Diskurs formuliert Fragen nach Formgenese und Vitalität der anorganischen Materie neu. Im Zuge eines mutmaßlichen ‚geologic turn‘ wird Erdgeschichte zu einem Denk- und Vorstellungsraum, an dem sich ein Bild der Lebensgrundlagen des Menschen ablesen lässt.

Der Ausstellungstitel ist den Schriften des Künstlers Per Kirkeby entnommen, der die Geologie als die „Lehre von den Kräften hinter den Formen“ bezeichnet hat. Als ausgebildeter Geologe fand der Maler Kirkeby die für seine Arbeiten wichtige Voraussetzung, Natur als etwas sich ständig Veränderndes und Landschaft als zeitlich konnotiert zu verstehen. Die Beschäftigung mit Erde, Materie und Form vollzieht sich in den vorgestellten künstlerischen Positionen auf mehreren, ineinander greifenden Ebenen.

Gemeinsam ist den künstlerischen Positionen die Verschränkung von Forscherdrang und Formwillen. Hohe gesellschaftliche und wissenschaftstheoretische Aktualität paart sich mit verdichteter Bildsprache und einem weiten geistesgeschichtlichen Horizont. Nicht ohne humorvolle Komponente spielen die Künstlerinnen und Künstler mit einer Sehnsucht nach Ganzheitlichkeit, mit dem Drang, die Welt verstehen zu wollen, mit der Ehrfurcht vor der Schöpfung und dem Glauben an die eigene Schöpferkraft – eine Haltung, die immer auch das eigene Tun reflektiert.

Julian Charrière (*1987 in Morges, CH, lebt und arbeitet in Berlin) reist um die Welt, spürt Abbaugebiete Seltener Erden auf und erarbeitet in Gesteinsproben und Konglomeraten eine spekulative Geologie unserer Gegenwart. Für die Ausstellung schafft er mit aus Lavasand und Elektroschrott gegossenen Objekten eine Art „posthumane Landschaft“. Die Fotoserie The Blue Fossil Entropic Stories (2013) zeigt den Künstler auf einem Eisberg stehend und mit einem Gasbrenner das Eis unter seinen Füßen schmelzend – ein Kommentar zur Klimakatastrophe ebenso wie ein Gegenüberstellen von menschlicher und geologischer Zeit. Letzteres spielt auch in der Arbeit Essere
fiume (7) (2000) von Giuseppe Penone (*1947 in Garessio, IT, lebt und arbeitet in Turin und Paris) eine Rolle: Einer der beiden gleich aussehenden Marmorbrocken ist ein vom Wasser geformtes Fundstück aus einem Bachbett, der andere entstammt einem Steinbruch und wurde vom Künstler bearbeitet. Auch in anderen seiner Werke nimmt Penone Bezug auf die in der Natur vorkommenden Formen und Abläufe, die für ihn Ausgangspunkte seines Nachdenkens über Wirklichkeitserfahrungen sind. Ilana Halperin (*1973 in New York, lebt und arbeitet in Glasgow) spürt in ihren mittels geologischer Prozesse geschaffenen Objekten ebenfalls dem Verhältnis zwischen dem menschlichen und dem geologischen Zeithorizont nach. Ihre Arbeit The Mineral Body (2013) wurde in der französischen Auvergne in einem Höhlensystem mit vulkanischen, thermomineralischen Quellen gefertigt. Ein dort entwickeltes Verfahren beschleunigt den bei natürlichen Höhlentropfsteinen extrem langsamen Prozess der Kalksteinablagerung auf wenige Monate. Per Kirkeby (*1938 in Kopenhagen, lebt und arbeitet in Kopenhagen, Læsø und Arnasco, DK) ist in der Ausstellung mit einer Auswahl von Radierungen aus zwei Mappenwerken vertreten. Die skizzenhaften Kaltnadelradierungen aus dem Zyklus Grönlandfahrt (1993) entstanden während einer Arktis-Expedition direkt in der Natur. Mit dem Feldbuch (1994) greift Kirkeby die Landschaftserfahrungen der Grönlandreise wieder auf, aber abstrahiert die Darstellungen, indem er mehrere Motive übereinanderlegt. Die Arbeit Cartographic Series IV (2007) von Olafur Eliasson (*1967 in Kopenhagen, lebt und arbeitet in Kopenhagen und Berlin) basiert auf Luftaufnahmen der isländischen Landschaft, die das dänische Militär in den 1960er- Jahren für Kartografierungszwecke angefertigt hat. Eliasson macht daraus Heliogravüren, in denen Felsformationen, Gletscher, Flüsse und Seen zu abstrakten, malerisch wirkenden Formen werden.

Katie Paterson (*1981 in Glasgow, lebt und arbeitet in Berlin) entwickelt eine konzeptuelle Poetik der Naturkräfte, indem sie beispielsweise Schallplatten aus Gletschereis presst und so lange abspielt bis sie schmelzen (Langjökull, Snæfellsjökull, Solheimajökull, 2007) oder unter dem Titel Future Library (2014–2114) einen Wald pflanzt, aus dem in 100 Jahren Bücher entstehen sollen. Jonathan Bragdon (*1944 in Wilmington, USA, lebt und arbeitet in den Niederlanden) verbindet in seinen Panoramazeichnungen äußere und innere Landschaften. Der Statik von Bergformationen stellt er häufig die Flüchtigkeit von Wolkengebilden gegenüber, wobei seine charakteristische Strichführung beide gleichermaßen monumental wirken lässt. Hans Schabus (*1970 in Watschig, AT, lebt und arbeitet in Wien) konzipiert für die Ausstellung eine neue Installation, mit der er in die Architektur der Galerie im Taxispalais eingreift. Er öffnet die Wand eines Ausstellungsraums, um das Dahinter sichtbar zu machen. Das entnommene Wandstück setzt er in Bezug zu zwei früheren Arbeiten: Für Der Schacht von Babel (2002) hat sich der Künstler von seinem Atelier aus in den Wiener Untergrund gegraben, in dem Video Astronaut (2003) führt dieser Schacht in einen Bergwerksstollen, dessen Enge eine Verbindung zwischen menschlichem und Erd-Körper schafft. George Steinmann (*1950 in Bern, lebt und arbeitet in Bern) setzt sich in der Installation From-To-Beyond (1995–1997) mit den Folgen auseinander, die die Nickelgewinnung und die Entsorgung von atomaren Abfällen in der russischen Arktis für die Umwelt wie auch für das Volk der dort lebenden Sámi haben. Roger Hiorns (*1975 in Birmingham, lebt und arbeitet in London) lässt in seinen Skulpturen und Installationen das Mechanische und das Menschliche aufeinandertreffen und spielt mit dem Gegensatz von Flüchtigkeit und Permanenz, indem er den Objekten performative Elemente hinzufügt: ein nackter junger Mann sitzt zeitweise auf einem Düsentriebwerk, von der Decke hängende maschinenartige Gebilde produzieren Schaum. Nina Canell (*1979 in Växjö, SE, lebt und arbeitet in Berlin) nutzt für ihre Arbeiten oft physikalische Phänomene oder setzt alchemistische Praktiken ein. Mit Passage (Saturated) beispielsweise, einem Durchgang, aus dem mit Sauerstoff angereicherte Luft strömt, hat sie ein Werk an der Grenze des Wahrnehmbaren geschaffen. Jens Risch (*1973 in Rudolstadt, DE, lebt und arbeitet in Berlin) formuliert mit seinen Seidenstücken eine universale Chiffre für das Lebendige. Einen 1 km langen Seidenzwirn knotet er so oft, dass er sich zu einem kleinen Knäuel verdichtet, das an organische, korallenartige Strukturen erinnert. Für die Ausstellung hat er sechs Künstler – John Cage (1912–1992), Jürgen Krause (*1971), Thomas Pöhler (*1966), Daniel Turner (*1983), Andreas Slominski (*1959) und Jan Schmidt (*1973) – eingeladen, deren Werke zusammen mit Rischs Seidenstück unter dem Titel Die unendliche Feinheit des Kausalgewebes eine temporäre Sinneinheit bilden.

Galerie im Taxispalais
Galerie des Landes Tirol
Maria-Theresien-Straße 45
A-6020 Innsbruck
http://www.galerieimtaxispalais.at/



Presse





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