Die neuen Berliner Fassaden der Macht nimmt die promovierte Kunsthistorikerin Barbara Kündiger zum Anlaß, um nach vergleichbaren Ansatzpunkten von Herrschaftsarchitektur zu fragen. Ausgehend vom Mittelalter bis zur Gegenwart zeigt sie an verschiedenen ausgewählten Beispielen, was eine "Fassade der Macht" definiert und entsprechend ihrer Funktionalität (Kirche, Rathaus, Firmengebäude etc.) ausmacht. Dabei beschränkt sich die Autorin nicht nur auf den europäischen Raum, sondern behandelt auch Beispiele aus Brasilien, Malaysia, den Vereinigten Staaten ebenso wie Projekte, die nur im Planungsstadium verblieben sind (Palast der Sowjets, Moskau; "Große Halle", Berlin).
Einen Schwerpunkt legt Kündiger dennoch auf die Berliner Architektur: Reichstag, "Rotes Rathaus", Palast der Republik, Bundeskanzleramt und Reichstagumbau werden nach den in den Fassaden verborgenen Entstehungs- und Interessengeschichten befragt, kenntnisreich besprochen und die Ergebnisse kritisch diskutiert. Hier zeigt sich die Stärke der Autorin, während sie in anderen Kapiteln doch häufig zu Zitaten greift. Aber selbst bei Gebäuden, über die schon alles geschrieben scheint (z. B. Palazzo Vecchio, Florenz) fördert sie das eine oder andere Detail zutage.
Entsprechend der Thematik ist der Band mit vielen Abbildungen ausgestattet, aber in der Mehrzahl sind sie schwarzweiß und manchmal leider auch unscharf. Auch das keiner erkennbaren Logik folgende Spartenlayout bringt unnötige Unruhe hinein.
Fazit: Kein Buch für Architekturexperten, sondern für den interessierten Laien, dem durch die systematische Darstellung eine Grundlage und das nötige Instrumentarium an die Hand gegeben wird, um im Zukunft die Fassaden der Macht nach ihrer Aussage zu hinterfragen und auch die neuen Gebäude der "Berliner Republik" mit schärferen Augen zu betrachten.
Christine Roth
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