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Boris Lurie

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Was will uns der Künstler damit sagen? Zu den beiden Bänden >Kunstvermittlung< der documenta 12


Eingabedatum: 11.12.2009

Was will uns der Künstler damit sagen? Zu den beiden Bänden >Kunstvermittlung< der documenta 12

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„Was will uns der Künstler damit sagen?“ „Das kann ich auch! Warum wird das denn in einer Ausstellung gezeigt?“ „Was ist denn daran Kunst?“ – diese drei Fragen gehören sicherlich zu den am häufigsten gestellten, wenn es um die Vermittlung von (zeitgenössischer) Kunst geht. Gerade auf Kunst-Massenveranstaltungen wie Biennalen oder aber der documenta erhoffen sich die Besucher im Hinblick auf die - vor welchem Hintergrund auch immer zusammengestellten - Kunstwerke oftmals möglichst zügig in kleinen Häppchen servierte und im Idealfall bereits vorgekaute, vorgefertigte Antworten, eindeutige Interpretationen und definitive Wahrheiten von Seiten der kunstvermittelnden Mitarbeiter. Auf der documenta 12 (2007) gehörte die Kunstvermittlung erstmals zum Ausstellungskonzept und hatte sich auf die Fahnen geschrieben, neue Wege in der Kunstvermittlung zu gehen. Zu den Projekten, Formaten, Methoden und Forschungsergebnissen der Kunstvermittlung auf der documenta 12 sind nun zwei Bände im Diaphanes Verlag erschienen, in denen das vielfältige Vermittlungsangebot dokumentiert und reflektiert wird.

Für die 100 Tage Kunsttrubel in Kassel hatten sich der künstlerische Leiter Roger M. Buergel und die Kuratorin Ruth Noak mit >Ist die Moderne unsere Antike? Was ist das bloße Leben? Was tun?< drei Leitfragen überlegt, wobei sich gerade letztere auf den Aspekt der (ästhetischen) Bildung beziehen sollte. Dass es den beiden ernst war mit der Kunstvermittlung zeigten sie zum einen durch die überall in der Ausstellung verteilten >Palmenhaine< (Stuhlkreise von Ai Weiwei), die von den Besuchen als Orte der Kontemplation und Kommunikation genutzt werden konnten, und zum anderen dadurch, dass es erstmals eine Stelle für die Leitung der Kunstvermittlung gab, die mit dem Kunstpädagogen und wissenschaftlichen Mitarbeiter an der Universität Hamburg Ulrich Schötker besetzt wurde. Weiterhin konnte Carmen Mörsch, Künstlerin und damals Jungprofessorin an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (heute Leitung des Institute for Art Education der Kunsthochschule Zürich) für Begleitforschung gewonnen werden. Beide zusammen entwickelten das Konzept für die Kunstvermittlung der documenta 12 und legten dabei besonderen Wert darauf, die Ausstellung in die Stadt hinein zu vernetzen und den Besucher selbst am Deutungsprozess zu beteiligen.

Die beiden Softcover >Kunstvermittlung 1 + 2< dokumentieren die verschiedenen Vermittlungsansätze und -projekte der documenta 12. Dabei bezieht sich der von Wanda Wieczorek, Claudia Hummel, Ulrich Schötker, Ayse Gülec und Sonja Parzefall herausgegebene erste Band vor allem auf die „Arbeit mit dem Publikum“ und die „Öffnung der Institution“. Das erste Kapitel ist der Tätigkeit des documenta 12 Beirats, einem vor allem durch das Kulturzentrum Schlachthof e.V. initiierten Zusammenschluss von ehrenamtlichen Mitarbeitern aus verschiedensten Bereichen, gewidmet. In den sechs Aufsätzen zum Thema wird deutlich, wie die Netzwerke der Beteiligten für zum Teil recht nahe an das Feld der Sozialarbeit reichende Projekte genutzt werden konnten. Im zweiten Kapitel wird das Vermittlungsformat >Die Welt bewohnen< beschrieben, in dem Jugendliche dazu ausgebildet wurden, Führungen für Erwachsene anzubieten. Schön ist, dass hier auch die SchülerInnen selbst zu Wort kommen und in ihren Texten ihre Erlebnisse und Ansichten schildern. Im dritten Kapitel werden Kunstvermittlung und Führungen näher beleuchtet. Was Kunstvermittlung alles heißen kann, erläutern vor allem die 20 Texte, in denen die von den Kunstvermittlern selbst entwickelten Projekte beschrieben werden. Das Spektrum reicht hier von >Arbeitslose als Avantgarde< (Nanne Buurman) über >Nationale Identitäten. Zwischen Konstruktion und realem Erleben< (Anna Ewa Dyrko, Polina Stroganova) oder >Selbstbildung durch ästhetische Erfahrung< bis hin zu >Queerer Aktivismus und künstlerische Stragien< (Ina Mertens, Sandra Ortmann). Eine Besonderheit der documenta 12 war, dass erstmals ein Ort für Kinder und ein spezielles Kinderprogramm entwickelt wurden. Diese werden im Kapitel >Aushecken< in den Texten von Claudia Hummel, Antje Neumann, Lilian Scholtes, Ulrich Schötkers und Annettes Krauss beschrieben. Zusätzlich zu den abwechslungsreichen Texten gibt es noch eine DVD mit weiteren Text-, Bild-, Film- und Audiomaterial.

Wo der erste Band vor allem die einzelnen Kunstvermittlungsprojekte und -formate beschreibt, geht es im zweiten Band um die Kunstvermittlung „zwischen kritischer Praxis und Dienstleistung“. Herausgegeben von Carmen Mörsch und dem Forschungsteam der documenta 12 Vermittlung, widmet sich dieser der „Selbstreflexion der Vermittlungspraxis, präsentiert ihre Methoden und erläutert ihre Hintergründe“. Das Buch basiert auf den Ergebnissen des Begleitforschungs-Projekts, das Carmen Mörsch zusammen mit einigen der documenta 12-Kunstvermittler durchgeführt hatte. So beschreibt Mörsch in dem einleitenden Aufsatz mit einem sehr wissenschaftlichen Sprachduktus und mit allerhand Fußnoten die ihrer Meinung nach vier institutionellen Diskurse der Kunstvermittlung und gibt einem kurzen historischen Abriss über die Entwicklung der Kunstvermittlung generell sowie ihrer Geschichte auf der documenta. Neben theoriegeleiteten Beiträgen enthält der Band auch einige Erfahrungsberichte wie beispielsweise den von Hansel Sato, der von der Wahrnehmung seiner documenta-Führung vor dem Hintergrund seiner Nationalität (aus Peru stammender Österreicher mit japanischem Vater) erzählt. Weiterhin gibt es drei Gastbeiträge, d.h. nicht von den ForscherInnen aus dem Vermittlungsteam verfasste Texte von Andrea Hubin („Und so meinen wir auch, dass das Gespräch ohne Worte sein muss“ documenta 1 und die Abwehr der Vermittlung), Ruth Noak (Die Ausstellung als Medium. Das Vermittlungskonzept der documenta 12) sowie von María do Mar Castro Varela und Nikita Dhawan (Breaking the Rules. Bildung und Postkolonialismus). Das Buch bietet so eine abwechslungsreiche Mischung aus akademischem Wissen und persönlichen Eindrücken und wird obendrein noch durch einen Glossar ergänzt, in dem die wichtigsten Namen und Begriffe erläutert werden.

Die Kunstvermittlung der documenta 12 in Zahlen: 100 Tage mit über 500 Kunstwerken von über 100 Künstlern, die es in 7.600 Führungen in 15.300h von um die 70 KunstvermittlerInnen zu bestreiten galt. Ähnlich imposant sind auch die beiden Publikationen zum Thema, die einem Kunstvermittlungs-Crashkurs mit gehörigem Tiefgang gleichen.

>Kunstvermittlung 1: Arbeit mit dem Publikum, Öffnung der Institution. Formate und Methoden der Kunstvermittlung auf der documenta 12< hrsg. von Wanda Wieczorek, Claudia Hummel, Ulrich Schötker, Ayse Gülec und Sonja Parzefall

Diaphanes Verlag (März 2009)
217 Seiten, Deutsch, s/w Abbildungen, mit DVD

Preis: EUR 19,90
ISBN: 978-3037340776



>Kunstvermittlung 2: Zwischen kritischer Praxis und Dienstleistung auf der documenta 12. Ergebnisse eines Forschungsprojekts< hrsg. von Carmen Mörsch und dem Forschungsteam der documenta 12 Vermittlung

Diaphanes Verlag (März 2009)
393 Seiten, Deutsch, s/w Abbildungen

Preis: EUR 24,90
ISBN: 978-3037340783


Stefanie Ippendorf





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