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Boris Lurie

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Spezial: Museumsportrait: Dia:Beacon, New York



Dass in Manhattan nicht nur Wohnraum knapp ist, sondern auch jeder Quadratmeter Ausstellungsfläche effizient genutzt werden will, wird spätestens bei einem Wochenendbesuch im MoMA klar. Während sich hier die Touristen um die Gauguins, Monets und Pollocks scharen, haben es monumentale Installationen wie Richard Serras Stahlwände schwer, einen dauerhaften Ausstellungsort zu bekommen. Nicht überraschend ist es daher, dass New Yorks größtes Museum in Sachen minimalistischer Skulptur nicht in New York zu finden ist, sondern anderthalb Stunden Zugfahrt entfernt in einem verschlafenen Ort am Hudson River. Auf über 80.000 Quadratmetern hat die Dia Art Foundation den großformatigen Helden der (nicht mehr ganz) ”zeitgenössischen” Kunst eine geräumige Ruhestätte geschaffen.

Offensichtlich haben sich hier die Organisatoren auf die sichere Seite begeben und mit Richard Serra, Donald Judd, Louise Bourgeois, Sol LeWitt, Gerhard Richter oder Dan Flavin (um nur einige zu nennen) die bekanntesten Namen des Kunstkanons zusammengeführt. Mag die Auswahl der Künstler also eher an eine “Ruhestätte” im konventionellen Sinne erinnern, vermittelt die Präsentation der Werke keineswegs den Eindruck eingestaubter Heldenbeweihräucherung. Ganz im Gegenteil. Während minimalistische Kunst in Sohos durchgestylten Loft-Galerien oft in schicker Kühle daherkommt und kaum von den Luxusgütern der Designshops nebenan zu unterscheiden ist, werden die Skulpturen im Dia:Beacon von ihrer klinischen Isolation befreit und in einen Dialog mit der Natur gebracht. Die Kunstwerke, die teilweise schon zu Ikonen aufgestiegen sind, werden neu erfahrbar.

Regie für die Umgestaltung des 1929 errichteten Fabrikgebäudes führte der Künstler Robert Irwin, der auch die Gartenanlagen des Ausstellungskomplexes entwarf. Hier treffen Raster aus Grasflächen mit klar gezogenen Linien aus Bäumen aufeinander, die nicht nur an Agnes Martins Gemälde erinnern, sondern auch Sol LeWitts feingezeichnete Bleistiftgitter widerspiegeln, die zwei Räume der Galerie in ein Meer aus grauen Schattierungen verwandeln. Eine Geometrie aus Rechtecken lässt sich ebenso in den Fensterbändern entdecken, deren opake Gläser Irwin in rhythmischen Abständen durch transparente Segmente ersetzt hat, um einen Ausblick in die Gartenanlage zu ermöglichen. Dementsprechend ist der Innenraum vor allem durch eines geprägt: Licht! Die geometrische Strenge und Serialität von Donald Judds Holzboxen wird etwa durch das Tageslicht gebrochen, das mittags in die Räume fällt und wandelnde Spotlights auf die Skulpturen setzt. Wer sich am späten Nachmittag in Richard Serras Labyrinth aus Cor-Ten Stahl verliert, erfährt in ähnlicher Weise wie die warme Sonne das Material in rot leuchtende Energiefelder verwandelt. Der dumpfe Geruch des rostroten Stahls vermischt sich mit der Stille, die sich im Innern der Spirale geradezu drückend auf einen legt. Was in fensterlosen Galerien totes Metall bleibt, wird hier belebt und in einen zeitlichen Tagesablauf eingebunden.

Die ständige Verwirrung von Innen- und Außenraum, die Robert Irwin offensichtlich am Herzen lag, hätte bestimmt die Zustimmung einiger Dia-Künstler gefunden. Während Robert Smithson natürliche Materialien wie Erde oder Sand in seine Installationen direkt integriert, reflektiert Gerhard Richter das Problem der Trennung von Außen und Innen auf ganz andere Art. In zwei gegenüberliegenden Räumen werden Richters monochrom-graue Spiegelflächen gezeigt, die in unterschiedlichen Neigungen an der Wand angebracht sind (“6 Gray Mirrors”). Beim Versuch die Qualität der grauen Oberfläche zu kontemplieren, tritt die Reflexion als Störung auf, die einen auf die eigene Person und den Raum zurückwirft. Genausowenig funktionieren die Flächen jedoch als reine Spiegel, da das Grau wie ein dicker Schleier über dem Spiegelbild hängt und dieses dem Blick entzieht. Letzten Endes wandern die Augen stets zwischen Fläche und Raum hin und her und verharren schließlich in einem Schwebezustand des Weder/Noch, der eine Trennung zwischen beiden Realitäten unmöglich macht. Es ist ein Zustand, der das Reflektieren selbst reflektiert.
Im Gegensatz zum lichtdurchfluteten Erdgeschoss - wo klare Geometrien, monochrome Flächen und helle Farben dominieren - ergibt sich im unsanierten Obergeschoss ein ganz anderes Bild. Sobald sich die Fahrstuhltür öffnet, drängt sich ein dunkelgraues Objekt ins Blickfeld, das wie ein überdimensionales Stück Fleisch an einem Haken von der Decke baumelt. Den Eindruck einer morbiden Fleischerei wird man auch in den anderen Räumen nicht mehr los, in denen die dunklen Backsteinwände lediglich durch kleine kellerartige Fenster unterbrochen werden. Das gesamte Stockwerk ist Louise Bourgeois gewidmet, deren mysteriöse Skulpturen wie Boten aus dem Unbewussten die Räume besiedeln. Phallische Knoten werden zu Dreiecksformen gebündelt oder hängen als janusköpfige Objekte von der Decke; andere Gebilde erscheinen als Insektenkokons mit muschelförmigen Auswucherungen. Eingepfercht im kleinsten Raum befindet sich schließlich eine von Bourgeois´ berühmten Riesenspinnen, deren Stahlbeine die Wände zu allen Seiten berühren und den Weg ins hintere Drittel des Raumes versperren. Der sich den Blicken entziehende Raum wird auf diese Weise zur bedrohlichen Falle für den Betrachter. So wie das natürliche Licht im Erdgeschoss die Skulpturen zum Leben erweckt, so verschränkt sich auch hier der rohe Kerkerraum auf ideale Weise mit Bourgeois´ obskuren Werken.

Vielleicht wird Kunst im pseudo-objektiven White Cube allmählich schläfrig. Jedenfalls wirkt die Präsentation im Dia:Beacon wie eine belebende “Ruhestörung”. Eine Störung, die in Manhattans Galerien (ironischerweise) eher selten ist.

Dia:Beacon
Riggio Galleries
3 Beekman Street
Beacon, NY 12508

Sommeröffnungszeiten 2011 (bis 10. Oktober):
Do-Mo 11-18 Uhr
Di + Mi geschlossen

diabeacon.org

Verena Straub





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