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Paul McCarthy: The Box - Neue Nationalgalerie



Paul McCarthy,The Box, 1999,Mischtechnik, Holz, 594 x 1666 x 404 cm, Staatliche Museen zu Berlin, Friedrich Christian Flick Collection im Hamburger Bahnhof,© Paul McCarthy, Foto: Wolfgang Siesing

Der amerikanische Künstler Paul McCarthy (geboren 1945 in Salt Lake City) ist mit stark körperbetonten und gesellschaftskritischen Performances und Installationen weltweit bekannt geworden. Die Neue Nationalgalerie zeigt nun mit „The Box“ nicht nur ein Hauptwerk dieses außergewöhnlichen Künstlers, sondern verweist auch auf den gleichermaßen realen wie mythisch besetzten Schaffensort, an dem viele seiner Werke entstanden sind: das Studio. In der äußeren Gestaltung so unscheinbar wie eine einfache Transportkiste, zeigt sich im Inneren von „The Box“ eine verblüffende und kaum zu überschauende Vielfalt an Dingen und Relikten des Künstlers. Es handelt sich um das reale Atelier von McCarthy, das der Künstler in diese Kiste eingebaut und damit verewigt hat. Ausgestellt als singuläres Großobjekt im quadratischen Mies-Bau, ergibt sich die Situation einer „Box in der Box“, eine höchst vielschichtige Überlagerung von Architektur und Kunst, von subjektiver Lebensspur und öffentlichem Kunstraum.
Konkret geht das Konzept von „The Box“ zurück auf einen langen, scheunenartigen Raum, den Paul McCarthy seit den 1970er Jahren in Pasadena in Kalifornien als Studio benutzte. Für eine Ausstellung beschloss Mc- Carthy 1999, den gesamten Inhalt dieses Ateliers – Tische, Geräte, Werkzeuge, Kisten aus drei Jahrzehnten – zu fotografieren, zu etikettieren und an den Ausstellungsort zu verfrachten und dort als Atelier in denselben Maßen wieder aufzubauen. Zugleich brachte der Künstler den Raum und die Objekte in einen Zustand des Ungleichgewichts, indem er jeden der etwa dreitausend Gegenstände – vom schweren Stahlschrank bis hin zum Bleistift – auf Holzplatten befestigte und alles schließlich um neunzig Grad zur Seite kippte. Das Ergebnis führt zu einem grotesken, fast surrealen Raumeindruck, zu einer folgenreichen Verschiebung der Wahrnehmung. Ein Lüftungsschacht der ehemaligen Atelierdecke beispielsweise erscheint, zur Seite gekippt, fast als minimalistische Skulptur. Ebenso könnte man die nun seitlich, in Serie angebrachten Deckenleuchten für eine Wandarbeit von Dan Flavin halten. Dem scheinbaren Purismus auf der einen Seite steht das Chaos der Objekte auf der anderen Seite gegenüber, eine instabile und kaum überschaubare Raumcollage, die an der Seitenwand gewissermaßen zum Wandbild wird.
Allein mit der Desorientierung des Raumes ruft McCarthy verschiedene Aspekte in seinem eigenen Werk auf: beispielsweise die Umdeutung von Malerei in seinem Frühwerk (etwa in „Face Painting – Wall, Black Line“, 1972), die Arbeit mit veränderten bzw. reziproken Architekturen („Inverted Rooms and Hallways“, 1970 oder „Bang Bang Room“, 1992) oder das Motiv des Kippens und Drehens in seinen Performances und Installationen (etwa bei „Spinning“, 1970 oder bei „Picabia Love Bed, Dream Bed“, 1999).
Insbesondere die Kopplung von Anhäufung und Leere, die hier in der Neuen Nationalgalerie mit der Präsentation der „Box“ in der offenen Halle besonders zu Tage tritt, kann als Leitmotiv des Künstlers gelten. Immer wieder hat Paul McCarthy eine existentiell zu deutende Enge und Dichte in seinen Werken an den Moment des Ausblicks, der Offenheit und Weite gekoppelt. Das Bühnen- und Kulissenartige seiner Häuser, Boxen und Aufbauten verweist zugleich auf Hollywood und Disneyland, auf die Künstlichkeit der die Gesellschaft prägenden Lebensbilder, auf die fiktionale Konstruktion von Realität ganz allgemein. Weitere Aufladung gewinnt das Werk schließlich vor dem Hintergrund des stark performativ ausgerichteten Gesamtwerkes von Paul McCarthy. Clown-Masken, „Heidi“- Bücher, Fotos von Weihnachtspuppen oder Ansichten aus den Schweizer Bergen lassen sich als Versatzstücke seiner Werke lesen. Anderes, wie Leuchttische, Filmschnitt-Apparate, Stifte und Skizzen, dokumentieren vergangene Arbeitsprozesse im Studio. So versinnbildlicht „The Box“ schließlich nicht nur das mehr als dreißigjährige kreative Schaffen eines radikalen Künstlers, sondern steht auch für das in diesem Atelier intensiv verbrachte, individuelle Leben.
In der Neuen Nationalgalerie ausgestellt, steht das Werk "The Box", das über ein Jahrzehnt nicht mehr zu sehen war, im Dialog mit der im Untergeschoss präsentierten Sammlung und der damit aufgerufenen Kunstgeschichte. Konkret lassen sich Anknüpfungspunkte zur ausgestellten Assemblage- Kultur der 1960er Jahre nennen (etwa zu Daniel Spoerris „Fallenbild“) oder zu Bruce Naumans frühen Studio-Videos (etwa „Bouncing in the Corner“). Paul McCarthy hat diese frühen künstlerischen Ansätze, Kunst und Leben enger miteinander zu verflechten, mit seinem Werk „The Box“ ins Extrem getrieben. Der Blick ins Atelier – seit Gustave Courbet ein fester Topos der Moderne –, wird in der Version von Paul McCarthy zum schonungslosen Exhibitionismus, zum Porträt eines radikalen Künstlers, der bereit ist, alles offen zu legen.


Nationalgalerie | Neue Nationalgalerie
Potsdamer Str. 50, 10785 Berlin-Tiergarten
www.neue-nationalgalerie.de/

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