Seit Mitte der 1990er-Jahre sammelt Peter Piller in Zeitungen veröffentlichte Fotos und ordnet sie nach Themen und Motiven in sein umfangreiches Archive Zeitung ein. Das Spektrum reicht von Ortsbesichtigungen und Tatorthäusern über Ehrungen, Preise oder Jubiläen bis hin zu Spatenstichen, suchenden Polizisten oder Vandalismus. Diese Found-Footage-Sammlung mit mehr als 7.000 Abbildungen der Dokumentar- und Gebrauchsfotografie bildet das Ausgangsmaterial für Peter Pillers Bildserien. Die wesentlichen Arbeitsschritte liegen im Sammeln, Sichten, Auswählen und neu Ordnen, denn durch die Kombination und Verdichtung von Bildmotiven verschiebt sich deren Bedeutung: "Die Bilder fangen an miteinander zu kommunizieren und man liest sie in diesem Nachbarschaftsverhältnis ganz anders." (Peter Piller)
In den zunächst vielleicht banal wirkenden Bildserien lassen sich Dinge entdecken, die ursprünglich von den Fotografen nicht so gemeint waren, aber nun unerwartet einen ganz anderen Blick auf die Wirklichkeit gewähren und sich zu einer Typologie unserer Alltagskultur verdichten. Dabei zeigt der Künstler ein feines Gespür für die in den Dokumentarfotografien verborgenen kleinen Störsignale und absurden Momente.
Die Ausstellung "Belegkontrolle" von Peter Piller gibt einen umfassenden Überblick über Peter Pillers Werk der letzten 15 Jahre. Einen Schwerpunkt bilden die gefundenen und in Archiven geordneten Fotoserien, aber auch eigene Fotografien des Künstlers werden in der Ausstellung zu sehen sein. Der Ausstellungstitel verweist dabei auf Peter Pillers Arbeit als Student Mitte der 1990er-Jahre bei einer Hamburger Werbeagentur, für deren Kunden er prüfte, ob und wo ihre Anzeigen erschienen waren. Beim täglichen Durchblättern der Zeitungen fielen ihm Fotografien auf, die etwas zeigen sollten, was eigentlich noch gar nicht sichtbar war, etwa Ansichten von sogenannten Bauerwartungsflächen. Sie kamen seiner damaligen "Suche nach dem Nicht-Bild, dem Bild ohne Absicht, ohne Funktion", so der Künstler, nahe und waren der Anlass, systematisch Zeitungsbilder zu sammeln.
Doch auch Bilder mit Absicht und Funktion, aber bar jeden fotografischen Anspruchs an ein Bild interessieren Peter Piller. Im Archiv einer Schweizer Versicherung entdeckte er dokumentarische Fotografien, Nahaufnahmen, die nur den Zweck hatten, einen Mangel oder Schaden zu belegen und schuf daraus die manchmal rätselhafte und oft unfreiwillig komische Bildserie "Nimmt Schaden".
Überraschende Einblicke in das private Leben in deutschen Klein- und Vorstädten bietet hingegen die umfangreiche Werkgruppe "Von Erde schöner". Aus einem Archiv mit unzähligen Luftbildaufnahmen von Einfamilienhäusern aus den 1980er-Jahren filterte Peter Piller nach monatelanger Sichtung die Motive heraus, die einen unbeabsichtigten Kontrapunkt zum bürgerlichen Leben in der deutschen Provinz aufweisen. Die Anlage von Gartenwegen, Swimmingpools oder zum Lüften aus dem Fenster hängende rote Bettwäsche verweisen auf individuelle Träume und Wünsche der Hausbesitzer, die durchaus Gemeinsamkeiten aufweisen.
Peter Piller (*1968 in Fritzlar) lebt in Hamburg und hat eine Professur für Fotografie im Feld zeitgenössischer Kunst an der Hochschule für Gestal-tung in Leipzig. Seine umfangreiche, retrospektiv angelegte Ausstellung "Belegkontrolle" in der Kunsthalle Nürnberg entstand in Kooperation mit dem Fotomuseum Winterthur, dem Centre de la Photographie Genève und der Städtischen Galerie Nordhorn. Die begleitende Publikation "Albedo" mit Beiträgen von zwölf international renommierten Autorinnen und Autoren ist im Verlag der Buchhandlung Walther König erschienen. Es ist der erste Band mit Texten zum Werk von Peter Piller, aber auch zu Aspekten des Archivierens aus den unterschiedlichen Perspektiven der Kunst- und Kulturwissenschaft, der Philosophie und der Psychoanalyse.
Kunsthalle Nürnberg im KunstKulturQuartier
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