Die Turner-Preisträgerin Laure Prouvost (*1978) ist eine grossartige Geschichtenerzählerin, die mit ästhetisch vermeintlich dilettantischem Material, mit Sound und Fantasie ihr Publikum verführt. Sie verbindet Video, Alltagsobjekte, Keramik oder Malerei mit Architektur und verknüpft Wahrheit und Dichtung zu einer eigenwilligen Realität. War Laure Prouvosts Grossvater wirklich ein Konzeptkünstler, dessen letztes Werk – ein eigenhändig gegrabener Tunnel von Europa nach Afrika – unvollendet blieb, weil in ihm der Grossvater verschollen ist?
Das Kunstmuseum Luzern ist die dritte und letzte Station der Einzelausstellung und insofern der Höhepunkt, weil Prouvost diese Tournee als wachsenden Prozess versteht, der in Luzern zum Abschluss kommt. Während Laure Prouvost das Publikum im Le Consortium in Dijon in den Untergrund eintauchen lässt und im MMK Museum für moderne Kunst in Frankfurt durchs Erdreich führt, lässt sie es in Luzern wieder an die Erdoberfläche und ans Licht aufsteigen – dem vierten Obergeschoss gemäss, in dem sich die Ausstellungsräume befinden. Laure Prouvost begreift Jean Nouvels Architektur als Labyrinth, durch den die Künstlerin ihren eigenen Pfad ans Tageslicht führt – die Ausstellung wird zu einem körperlichen Gesamterlebnis.
Beim Eintritt in die Ausstellungsräume werden Besucherinnen und Besucher freundlich mit einem Getränk im Universum der Künstlerin empfangen. Verbunden werden die Arbeiten durch ein loses Narrativ um den verschwundenen Grossvater und der Suche nach ihm. In der Installation Maquette for Grand Dad’s Visitor Center (2014) können die Besucherinnen und Besucher beispielsweise einen Entwurf zur Gedenkstätte für den Grossvater beisteuern, der von der Grossmutter gewobene Wandteppich Behind the lobby doors, the pepper is in the right eye (2016) zeigt die künftige Fassade des Centers und die Installation Grand Ma’s Dream (2013) erzählt von den Sorgen und Fantasien der Grossmutter. Im künftigen Visitor Center will die Grossmutter die Ausstellung Love Among the Artists zeigen, zu der Freuninnen und Freunde bereits heute Werke beigesteuert haben: Sam Belinfante, Juliette Blightman, David Conroy, Tom Humphreys, Kati Karki, Gil Leung, Dana Munro, Linda Persson, Philomene Pirecki, Giles Round, Cally Spooner, Anne-Mie van Kerckhoven, Ciarán Wood. Auf dem Pfad ins Licht sind zudem bedeutende Werke wie Wantee (Tate Britain, Turner-Preis 2013) und After, After (Lyon Biennale, 2013) zu entdecken. If it was (2015, zuletzt im Haus der Kunst in München gezeigt) imaginiert ein wunderbar-wunderliches Museum nach dem Gusto der Künstlerin, in dem das Publikum auf einem frisch geküssten Boden geht und erst noch eine Nackenmassage erhält. Den krönenden Abschluss bildet Volcano Paradise (2016), ein riesiger, kopfstehender Vulkan, den Laure Prouvost für das Kunstmuseum entwickelte. Im Krater angekommen, lädt das Paradies mit Palme, Sitzbank und Vogelgezwitscher zum Verweilen ein.
Laure Prouvosts Narrationen sind verführerische Labyrinthe, ihre Installationen sind von grosser Leichtigkeit, humorvoll und in ihrem Detailreichtum überaus sinnlich. Aber Vorsicht: Wer sich hineinbegibt, findet aus ihren Geschichten vielleicht nie mehr heraus…
kuratiert von Fanni Fetzer
Kunstmuseum Luzern
Europaplatz 1
6002 Luzern
Tel. +41 41 226 78 00
kunstmuseumluzern.ch
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Laure Prouvost
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Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin