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Boris Lurie

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Affect Me. Social Media Images in Art

11. November 2017 bis 10. März 2018 | KAI 10 | Arthena Foundation, Düsseldorf

Im Zeitalter von Facebook, Instagram, Twitter und Co. hat sich der Umgang mit Bildern grundlegend verändert. Geteilte Handyfotos und -videos sind zum wichtigsten persönlichen Ausdrucksmittel einer breiten Öffentlichkeit geworden. Sowohl Banalitäten aus dem Leben der User*innen als auch Bildbeweise aus den globalen Krisenherden unserer Gegenwart werden tagtäglich millionenfach im Netz verbreitet. Mit ihrem hohen Affizierungspotenzial spielen Bilder geradezu virtuos auf der Klaviatur der Gefühle. Sie werden massenhaft geliked oder provozieren Proteste, sind Anlass für Kritik und ungehemmte Pöbelei, aktivieren öffentliche Debatten, wirken gemeinschaftsbildend – und befördern die weitreichende Zirkulation von Affekten.

Hier setzt die Ausstellung Affect Me. Social Media Images in Art an. Sie stellt neun internationale künstlerische Positionen vor, die mit Bildmaterial aus den sozialen Medien arbeiten. Ihr Interesse gilt besonders jenen Bildern die in politischen Zusammenhängen in die sozialen Netzwerke gespeist wurden. Die Künstler*innen thematisieren wie diese Bilder jenseits ihrer berichtenden Funktion bewegen und mobilisieren und dabei an der porösen Grenze zwischen Realität und Fiktion agieren. In der Auseinandersetzung mit den digitalen Bildphänomenen gewähren uns die Künstler*innen Einblicke in die emotionale Konstitution und Erregungsdynamik aktueller Gesellschaften.

Den Anfang dieser Entwicklung markiert die Serie jpegs (2004-2007) von Thomas Ruff. In der Ausstellung wird eine Arbeit dieser Serie gezeigt, die auf online zirkulierenden Bildern der zerstörten Twin Towers in New York vom 11. September 2001 basiert. Die Anschläge wurden als globales Medienereignis von einer neuen Form von Bildzeugenschaft geprägt, bei der die Berichterstattung auf Aufnahmen von Amateurfotograf*innen zurückgriff. Ruff nutzt diese Bilder ebenfalls und thematisiert damit die zunehmende Globalisierung der öffentlichen Kommunikation als Voraussetzung weltweiter Affektgemeinschaften.

Auch Thomas Hirschhorn bezieht sich auf massenmedial verbreitete Bilder humanitärer Katastrophen. In seiner Skulptur Subjecter (Kathastrophé) (2010) heftet er aus Zeitungen oder dem Internet stammendes Bildmaterial an eine Schaufensterpuppe mit Brautkleid – ohne die kontextualisierenden Informationen zu liefern, die die emotionalisierende Wirkung der Bilder abfedern würde. Im Kern geht es Hirschhorn um die, für das Zeitalter der sozialen Medien so charakteristische, Eigendynamik der Bilder und ihr Affizierungspotenzial.

Die Interaktion zwischen Bild und Betrachter*in ist im Wortsinn essentiell für die Installation iPhone Crack (August Moon) (2014) von Lynn Hershman Leeson. Sobald sich die Betrachter*innen der Arbeit nähern, wechselt die Projektionsfläche von einer milchig trüben Scheibe auf ein zersplittertes iPhone. Hershman Leeson bezieht sich auf Handyvideos von Demonstrationen gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt in den USA. Unter dem Hashtag #BlackLivesMatter wuchs eine globale Protestbewegung heran, in der zivile Bildzeugnisse eine zentrale Rolle spielen. Diese sich im Netz schnell verbreitenden Aufnahmen demonstrieren das Potenzial von Bildern, Menschen an ganz unterschiedlichen Orten zu mobilisieren.

Den neuen Bildgenres, die im Kontext digitaler, globaler Protestbewegungen entstehen, widmet sich Irene Chabr in ihrer Installation Wandernde Gesten II (2017). Sie zeigt Beispiele aus weltweiten, politisch motivierten Selfie-Kampagnen. Die Protestslogans, die die Fotografierten in die Kamera halten, entfernt Chabr und offenbart damit ihr Interesse an den spezifischen, formelhaften Gesten solcher Bildpraktiken, deren Inhalte austauschbar sind.

Ähnlich analytisch geht auch D. H. Saur vor. In seinen Collagen nutzt Saur einen kartografischen Ansatz, teilweise erweitert um Notizen und Überlegungen zu den Zusammenhängen der Bilder. Dabei geht er etwa von Internet-Memes des berühmten „Hope“-Plakates von Barack Obama aus und zeigt die überraschenden Wege, die virale Bildphänomene in den sozialen Netzwerken nehmen.

Dass die über Twitter und Facebook ins Netz gespeisten Handybilder mitunter Wahrheiten ans Licht befördern, die ohne die anonymen User*innen vor Ort unsichtbar geblieben wären, thematisieren die Videoinstallationen der Gruppe Forensic Architecture. In Air Strike
Atimah (2015) rekonstruiert das Kollektiv mit Hilfe von Bildzeugnissen, die Zivilist*innen ins Netz gespeist haben, einen Bombenangriff an der syrisch-türkischen Grenze zwischen der Stadt Atimah und einem Lager für Geflüchtete.

Rabih Mroué hingegen setzt sich in seiner als Lecture Performance konzipierten Arbeit The Pixelated Revolution (2012) mit eben jenem veränderten Status des fotografischen Bildes – radikal subjektiv aber dennoch zur objektiven Beweisführung tauglich – analytisch auseinander. Er verwebt die bestürzenden Handyaufnahmen von Oppositionellen, die den Moment des eigenen Tods filmen, in dem sie selbst von Scharfschützen getroffen werden, mit Spielfilmsequenzen und einem Reenactment der Ereignisse.

Ähnlich wie Mroué verbindet auch Lara Baladi in ihrer Videoinstallation Alone, Together,… In Media Res (2012) dokumentarisch zu bewertendes Bildmaterial – etwa Handyvideos aus der Ägyptischen Revolution 2011 und anderen auf YouTube kursierenden Videos – mit Sequenzen aus Spiel- und Zeichentrickfilmen. Hier genauso wie in ihrer für KAI 10 neu konzipierten Installation treibt die Künstlerin die Frage um, wie man die
zivilgesellschaftlichen Bildzeugnisse der Auflehnung gegen staatliche Repression bewahren und dauerhaft zugänglich machen kann.

Randa Maroufis Film Le Park (2015) bezieht sich auf die Kultur der Selbstdarstellung unter marokkanischen Jugendlichen, die sich in den sozialen Medien inszenieren. Das Ausgangsmaterial – etwa Selfies der Jugendlichen in teuren Markenkleidern oder beim Nachstellen von Gewaltszenen – ist hier nicht mehr sichtbar, sondern nur noch als ‚Echo‘, in der die Bilder kommentierenden Tonspur wahrnehmbar. Ihr Schwerpunkt liegt damit auf der Rezeption der Bildkultur und ihren realen Auswirkungen, zu denen etwa die Kriminalisierung der Jugendlichen in der Öffentlichkeit zählen.

Lara Baladi, Irene Chabr, Forensic Architecture, Lynn Hershman Leeson, Thomas Hirschhorn, Randa Maroufi, Rabih Mroué, Thomas Ruff, D. H. Saur

Eine Kooperation von KAI 10 | Arthena Foundation, Düsseldorf und dem Sonderforschungsbereich 1171 Affective Societies, Freie Universität Berlin.

KAI 10 | Arthena Foundation
Kaistraße 10
40221 Düsseldorf
kaistrasse10.de/



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