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Boris Lurie

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Archives in Residence: euward Archiv

Archiv Galerie 2020/21

(Öffnungszeiten überprüfen!) - 25.4.2021 | Haus der Kunst, München

Das Haus der Kunst zeigt in der Reihe „Archives in Residence“ das Archiv des euward, des ersten Kunstpreises von internationalem Rang für Kunst im Kontext kognitiver Einschränkung. Die Ausstellung intensiviert bereits bestehende Kooperationen mit euward und der Akademie der Bildenden Künste. Mit der Freien Bühne München als weiteren Kooperationspartner setzt das Haus der Kunst einen zukunftsweisenden Akzent auf Inklusion und Diversität.

Die Ausstellung des euward Archivs versteht sich als Einladung, unser kulturelles Selbstverständnis auf den Prüfstand zu stellen, nachzudenken über unsere Vorstellungen von inklusiver Kultur und diverser Gesellschaft und etablierte Deutungsmuster von Normalität und Anderssein neu zu diskutieren.

Das Archiv des euward stellt mit seinen Bewerbungsunterlagen, Schriftstücken, Werkfotografien, mit Filmmaterial sowie Presseartikeln eine Quelle dar für bisher nicht erzählte Kunstgeschichte(n)von Akteur*innen, deren Präsenz sowohl vom Kunstbetrieb als auch von der Forschung bis auf wenige Ausnahmen übersehen wurde, mittlerweile aber eine stetig wachsende Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erhält. Mit der Ausstellung im Haus der Kunst wird ein Teil seiner Bestände erstmals öffentlich.

Seit dem Jahr 2000 verleiht die Münchner Augustinum Stiftung den euward („European Art Award“), um „herausragende Arbeiten von Künstlern mit geistiger Behinderung“ zu fördern und „das öffentliche Bewusstsein für die kulturellen Leistungen Behinderter“ nachhaltig zu entwickeln. Initiiert wurde der Preis von dem Kunsthistoriker und Kunstpädagogen Klaus Mecherlein, seit 1995 Leiter des Ateliers des Heilpädagogischen Centrums Augustinum.

Über Jahrhunderte hinweg galt „geistige Behinderung“ als unheilbare psychiatrische Krankheit. Bis weit in die 1970er-Jahre lebten Menschen mit dieser Zuschreibung in Einrichtungen für Psychiatrie. Die Entwicklungslinien ihres künstlerischen Schaffens sind daher eng mit der Geschichte und Rezeption der Kunst, die in psychiatrischen Einrichtungen entstanden ist, verknüpft. Zu den ersten, die die künstlerische Kraft dieser Arbeiten erkannten, gehörten Walter Morgenthaler und Hans Prinzhorn. Ende der 1940er-Jahre hat Jean Dubuffet eine Sammlung von „Art Brut“ aufgebaut, die er jedoch nicht als gleichwertig mit seinem eigenen Kunstschaffen verstand. Auf der documenta 5 (1972) eröffnete Harald Szeemann mit dem Wölfli-Zimmer einen neuen Diskurs über Grenzgänger in der Kunst.

Auch euward hat sich um Ausstellungsmöglichkeiten im Kontext zeitgenössischer Kunst beworben. 1999, im Vorfeld zur ersten Ausschreibung, richtete die Augustinum-Stiftung auch eine Anfrage an das Haus der Kunst. Aus dem Absageschreiben des damaligen Direktors Christoph Vitali spricht ein hierarchisches Verständnis, wie es den Vertretern einer klassischen Moderne und ihrem Kanon entsprach: Behinderung, gleichgültig welcher Art, sei ein kunstfremdes Kriterium. Sein Nachfolger Chris Dercon integrierte zwischen 2004 und 2010 den euward als Gastprojekt in das Programm und setzte sich damit für einen erweiterten Kunstbegriff ein. Das Haus der Kunst stellt bislang den prominentesten Ausstellungsort, an dem sich der euward innerhalb der zeitgenössischen Museumslandschaft präsentieren konnte. 2021 werden die Werke der Nominierten sowie der Preisträger*innen wieder im Haus der Kunst gezeigt.

Die Augustinum-Stiftung setzte sich von Anfang an dafür ein, für die Auswahl der europaweit eingesandten Bewerbungen international tätige Kulturschaffende und Künstler*innen zu gewinnen. Deren „Bildsprache“, so wurde im Protokoll der ersten Kuratoriumssitzung vermerkt, sollte „sinnvollerweise Affinität zu den jurierenden Arbeiten aufweisen“. So gehörten u.a. Marlene Dumas, Leiko Ikemura, Jerry Zeniuk und Arnulf Rainer der Jury an. Besonders Arnulf Rainer wurde in den ersten Jahren zu einer Schlüsselfigur für die Vermittlung und Repräsentation des euward als ernstzunehmendem Kunstpreis.

Das Archiv des euward wird in der Archiv Galerie, im weiteren Kontext der Geschichte des Haus der Kunst gezeigt. 1937 eröffnet, war das „Haus der Deutschen Kunst“ die maßgebende Institution für die Kunst im Nationalsozialismus. Die NS-Kunstpolitik nutzte für die Diffamierung der Moderne ein pseudomedizinisches Vokabular und direkte Vergleiche mit Fotografien geistig und körperlich behinderter Menschen. Damit wurde das gefährliche Terrain von „Rassenhygiene“ und „Erbgesundheit“ berührt.

In Zusammenarbeit mit der Kuratorin entwickelten Studierende der Akademie der Bildenden Künste München ein Raumkonzept, das beide Bereiche, die Dokumentation zur Geschichte des Hauses und die Ausstellung des euward Archivs, definiert und zugleich Sichtbezüge schafft. Herzstück der Ausstellung ist eine Videoprojektion, die auf dem Bildarchiv des euward basiert. Mitglieder des Ensembles der Freien Bühne München, des ersten inklusiven Theaters in Bayern, haben für die Projektion Zitate der Künstler*innen eingesprochen und werden einen Teil des Begleitprogramms zur Ausstellung gestalten.

Für manche der Künstler*innen sind Zeichnung und Malerei das einzige Medium, sich der Außenwelt mitzuteilen und sich ihrer selbst zu vergewissern. Die Werke wirken gleichermaßen berührend und faszinierend. „Als ich alle Bilder gesehen hatte“, schreibt der Schauspieler Edgar Selge, seit 2014 Schirmherr des euward, „hatte ich den Eindruck, in eine Vergangenheit geschaut zu haben, in der es mal Menschen gab […] und mir wurde schmerzlich bewusst, wie wenig wir voneinander wissen, wie einsam uns unser Egozentrismus bereits gemacht hat, wie autistisch unser Alltag strukturiert ist. Und die Sehnsucht, einander wieder zuzuhören, war die vorherrschende Empfindung, die in mir zurückblieb.“

Kuratiert von Sabine Brantl


Presse





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