Ein Schnäppchen hatte sich Francois Pinault, französischer Multimilliardär und Kunstliebhaber, erst kürzlich mit dem Palazzo Grassi in Venedig gegönnt: Für 80 Prozent der Anteile an dem ehemals dem maroden Fiat-Konzern unterstehenden Palast, der größtenteils für Ausstellung genutzt wurde, hat der Wirtschaftstycoon gerade mal 29 Millionen Euro gezahlt. Sein eigentliches Großprojekt dagegen, der Bau eines 32.000 Qm umfassenden Museums an der westlichen Stadtgrenze von Paris, sagte Pinault ab. Als Grund wird in den französischen Medien hauptsächlich der Widerstand von Stadtplanern und Umweltschützern kolportiert, die anstelle eines Ausstellungshauses lieber Grünflächen sehen wollen. "Ein Fiasko" registrierte da die Tageszeitung "Le Monde".
Manch deutscher Mäzen mag sich da verwundert die Augen reiben - das Verhältnis von Staat und Kunstfinanzier scheint im Nachbarland genau umgedreht zu deutschen Begebenheiten zu sein: Denn in Frankreich läuft der Sammler den staatlichen Behörden hinterher. Und das auch noch ohne Erfolg.
Geplant war ein Museum der Superlative. Auf der Ile-Seguin nahe der Sein-Metropole sollte ein 32.000 Qm umfassendes Ausstellungshaus vorwiegend zur Präsentation der Pinault-Sammlung vom japanischen Architekten Tadao Ando errichtet werden. Werke von Rothko über Hirst zu Warhol und Picasso sollten Unterschlupf im Megakomplex finden. Der Bau wurde mit Kosten über 151 Millionen Euro veranschlagt. Als Entwurf von Ando liegt das Modell einer gläsernen Speerspitze vor.
Als Hauptursache für die Absage gab Pinault die zeitlichen Verzögerungen durch die Rekurse der gegnerischen Parteien an, nachdem bereits dieses Jahr mit der Eröffnung geplant wurde. "Die Ewigkeit ist die Zeit der Kunst, nicht die der Projekte, die ihr dienen wollen", schilderte der Sammler seine Beweggründe in "Le Monde". Die "bürokratischen Hürden" machen es ihm unmöglich, das größte Privatmuseum Frankreichs zu errichten.
Doch Angst, keinen adäquaten Platz für die 1000 Objekte umfassende Sammlung zu finden, braucht Pinault selbst in Frankreich nicht zu haben. Ein Teil der Sammlung wird vorerst im Palazzo Grassi untergebracht. Zudem bekundet man in Lille etwa schon starkes Interesse an den Plänen des Mäzens. Und auch mit Berlin sei man schon in Kontakt.
Michael Marth - kultur-kanal.de
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