Das ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe trauert um Peter Weibel, der am 1. März 2023 nach kurzer schwerer Krankheit verstorben ist. Bis zuletzt hat er an seinem Ausstellungs- und Forschungsprojekt »Renaissance 3.0« gearbeitet. Die Ausstellung, die ab dem 25. März 2023 am ZKM zu sehen ist, schlägt einen Bogen von der arabischen und italienischen Renaissance zur Medienkunst des 21. Jahrhunderts mit dem Verweis auf eine dritte Renaissance in der Kunst.
Die Verwissenschaftlichung von Kunst war bereits ein Anspruch der Renaissance, der sich über die Jahrhunderte jedoch wieder verloren hat. Heute im digitalen 21. Jahrhundert setzt jedoch eine Wende ein.
Künstler:innen und Wissenschaftler:innen arbeiten zunehmend mit denselben Werkzeugen, Methoden und Programmen. Dieser gemeinsame »Pool of Tools« weist auf den Beginn einer dritten Renaissance hin. In seiner neuen und zugleich letzten Ausstellung schlägt Peter Weibel, künstlerisch-wissenschaftlicher Leiter des ZKM | Karlsruhe, einen Bogen von der arabischen und italienischen Renaissance zur gegenwärtigen dritten Renaissance.
Die Ausstellung errichtet ein Basislager für neue Allianzen von Kunst und Wissenschaft im 21. Jahrhundert und veranschaulicht das Entstehen einer neuen Werkzeugkultur. Ein zentrales Element im Ausstellungsraum bildet ein interaktives Wissensfeld, in dem Besucher:innen Begriffe im Raum physisch ansteuern und sich erläutern lassen können. Das künstlerische Wissensfeld ist als eine experimentelle Kollaboration zwischen Mensch und Maschine konzipiert, bei der menschliches und maschinelles Lernen performativ in Aktion zueinander treten.
Peter Weibel, Kurator und künstlerisch-wissenschaftlicher Vorstand des ZKM | Karlsruhe seit 1999, über die Ausstellung: »Die Allianz von Technologie und Wissenschaft als Antwort des Menschen auf die natürliche Evolution ist für mich ein zentrales Thema, da das Überleben des Menschen davon abhängig ist. Die Kunst in ihrer höchsten Form ist keine Abbildungstechnik, sondern ein Akt der Erkenntnis, sowohl der Künstler:innen wie auch der Betrachtenden.
Die Medienkunst ist deshalb so wichtig, weil sie über die mimetische Funktion der klassischen Künste hinausreicht. Medien sind Schnittstellen, welche die Welt und ihre Wahrnehmung verändern.«
Mit 35 Positionen der internationalen Medienkunst vermittelt »Renaissance 3.0« Einblicke in künstlerische Laborsituationen und künstlerisch-wissenschaftliche Kollaborationen. Die Ausstellung eröffnet damit einen Raum für neue Werkzeugkultur und ein multidisziplinäres Wissensfeld für das 21. Jahrhundert – von der Biochemie über Genetic Engineering und Informationsdesign zu den Neurowissenschaften und Unconventional Computing.
Die beteiligten Künstler:innen ziehen Verbindungslinien zu historischen Wissensbereichen und bearbeiten innovative Forschungsbereiche. So verknüpft die südamerikanische Künstlerin Constanza Piña Pardo mit ihrer Klanginstallation »Khipu« moderne Systemlogik mit traditionellen Techniken der Inka-Kultur. Ihr Elektrotextilcomputer ist eine rückbesinnende Auseinandersetzung mit einem außereuropäischen binären Mnemosystem, das weitaus mehr zu leisten vermag als simple Informationsaufzeichnung.
Ein ausgeklügeltes Stoffwechselsystem setzt der österreichische Medienkünstler Thomas Feuerstein in der 7-teiligen Kabinettinstallation »METABOLICA Camp« in Gang. Zeitgemäße skulpturale Prozesse werden im 21. Jahrhundert längst nicht mehr durch die in Marmor getriebenen Meißel der Bildhauer autorisiert. Das Atelier ist vielmehr als molekulare Fabrik zu denken, in der skulpturaler Biokunststoff mittels Mikroorganismen und 3D-Druck entstehen kann – so die biokybernetische These und künstlerische Beweisführung.
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