Sie zählt zu den bekannten Fotografinnen der ehemaligen DDR. Bewusst entschied sich Gundula Schulze Eldowy für die Fotografie als Kunst. Dabei ahnte sie, dass nicht alle Aufnahmen, die sie von den Menschen in ihrer Umgebung machte, den Weg in die Öffentlichkeit finden würden. So wurde ihre erste Ausstellung "Gesichter" in Berlin in einer Galerie in der Sophienstraße von offizieller Seite mit ihrer Hilfe "entschärft". Um einen Großteil der Fotografien sozialkritischen Inhalts zu retten, "flogen ein Toter, ein Nackter und ein Dicker raus". In einer Retrospektive zeigt der Kunstverein Ulm Fotografien von Gundula Schulze Eldowy aus den Jahren 1977 bis 2002.
Zur Eröffnung am 18. März um 11 Uhr spricht Dr. Jule Reuter, Berlin.
Ausgebildet an der Fachschule für Werbung und Gestaltung in Berlin und geprägt durch ihr Studium an der Hochschule für Graphik und Buchkunst in Leipzig trat Gundula Schulze Eldowy zunächst mit in schwarz-weiss gehaltenen dokumentarischen Porträts des DDR-Alltags in Erscheinung. Mit ihrer Kamera durchstreifte sie das Scheunenviertel in Berlin, wo sie selbst lebte, ließ sich scheinbar absichtslos treiben. So entstand die Serie: Berlin. In einer Hundenacht. Gundula Schulze Eldowy fotografierte "wie es war", darin dem Zeichner und großen Berliner Realisten Heinrich Zille nicht unähnlich. Sie entwickelte ein Gespür für das Besondere und die Stimmigkeit der noch so kläglichen Existenz, suchte ihre Modelle oft auch in deren Wohnung auf. "Schlüssellochfotografie" warf man ihr vor, deren Arbeiten das Interesse an den Menschen, für den Körper und das Gesicht als Spiegel des Lebens reflektierten. Dabei sah sie sich immer als ein Teil des Geschehens, das sie fotografierte.
Ihren internationalen Durchbruch erlebte die 1954 in Erfurt geborene Gundula Schulze Eldowy 1988 bei den Rencontres Internationales de la Photographie in Arles.
Zu ihren Vorbildern zählt sie bekannte europäische Reportagefotografen wie Henri Cartier Bresson und Marc Riboud, Mitbegründer der Fotografen-Agentur Magnum der eine und zeitweise Direktor derselben Agentur der andere oder den mit seiner Serie über „Die Amerikaner“ bekannt gewordenen, in der Schweiz geborenen Robert Frank. Dessen Glaubensbekenntnis "Eines muss die Fotografie enthalten: die Menschlichkeit des Augenblicks" teilte auch Gundula Schulze Eldowy. 1986 traf sie ihr großes Vorbild in Ostberlin. Nachdem er zwei ihrer Serien angeschaut hatte, lud Frank sie in die Vereinigten Staaten ein. 1990 folgte sie dieser Einladung. Unter dem Einfluss Robert Franks und auf Reisen erweiterte sie ihr Repertoire und widmete sich fortan vermehrt der Farbfotografie. Gesicht und Figur stehen weiterhin im Mittelpunkt ihres künstlerischen Schaffens, reine Landschaften sind eher selten. Bei allem bleibt sie noch die "klassische Fotografin", weitestgehend ohne Anbindung an die heute so wohlfeile Digitaltechnik. Opulent erscheinende Aufnahmen verdanken sich klassischen Aufnahmetechniken wie gekonnt eingesetzten Spiegelungen und Mehrfachbelichtungen.
War bei den früheren Arbeiten die Wohn- und Lebensumgebung der Fotografierten von Bedeutung, so wird bei den späteren Arbeiten die bildliche Definition des Umfeldes immer weniger wichtig. Die Arbeiten werden strenger, konzeptueller, das Erzählerische tritt hinter strukturelle Untersuchungen zurück. Zur Verstärkung der Bildaussage werden jetzt auch digitale Techniken und Effekte genutzt. So sind die "unfassbaren Gesichter" - mehr als 2000 Porträts - pars pro toto für das ganze gelebte Leben in Gegenwart und Vergangenheit und umfassen menschliche Porträts, Gesichter von prähistorischen Plastiken in Stein, Ton und anderen Materialien, Tierporträts sowie gesichtsähnliche Bildungen in der Natur. Ihre Luftbild-Aufnahmen der präkolumbischen Petro- und Geoglyphen der Paracas Nasca Kultur, heute als UNESCO Weltkulturerbe eingestuft, zeigen nur noch das Wirken von nicht mehr greifbaren Menschen, die ihre Spuren auf diesem Planeten hinterließen, Bildspuren, die auch zum Teil als Figuren und Gesichter gelesen werden können.
"Photographien haben die Eigenschaft, sich im Innern des Betrachters fortzusetzen", schreibt Gundula Schulze Eldowy in ihrem Text "Das verblasste Bild". Ob das so ist und auf welche Weise das geschieht, können Besucher bis zum 29. April im Kunstverein Ulm erfahren.
Am 31. März zeigt der Kunstverein Ulm in Kooperation mit dem Stadthaus Ulm im Stadthaus um 20 Uhr den Film OSTFOTOGRAFINNEN. Der 71minütige Film von Pamela Meyer-Arndt aus dem Jahre 2006 porträtiert die drei Fotografinnen Sibylle Bergemann, Helga Paris und Gundula Schulze Eldowy. Es werden deren unterschiedliche Temperamente und ihr Selbstverständnis verdeutlicht, gleichzeitig fragt der Film auch nach Zensur und Selbstzensur und räumt mit Missverständnissen und Fehlurteilen über Informations- und Arbeitsmöglichkeiten der Fotografinnen in der ehemaligen DDR auf. ...
(Presse KV Ulm)
Abbildung: Ohne Titel, Berlin 1982, (c) Gundula Schulze Eldowy
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 14.00 bis 18.00 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertag 11.00 bis 17.00 Uhr.
Kunstverein Ulm
Kramgasse 4, 89073 Ulm
kunstverein-ulm.de
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