David Tudor (1926–1996) war in den 1950er- und den 1960er-Jahren einer der führenden Pianisten und Interpreten zeitgenössischer Musik in Europa und den Vereinigten Staaten. Seine Fähigkeit, auf die anspruchsvollen Partituren von Komponisten wie John Cage, Karlheinz Stockhausen und Christian Wolff zu reagieren und deren vage Anweisungen als komplexe Kompositionen meisterhaft auszuführen, war legendär und ist auch heute noch Grund dafür, dass er zumeist als Pianist und Interpret wahrgenommen wird.
Die Ausstellung Teasing Chaos. David Tudor am Museum der Moderne Salzburg ist die erste Darstellung und Würdigung von David Tudors Entwicklung vom Interpreten zum Composer-Performer, seiner bahnbrechenden Leistungen auf dem Gebiet der Live-Elektronik und der interdisziplinären Projekte zwischen 1961 und 1996. Ausstellung und Publikation erweitern damit ganz entscheidend das Narrativ von Tudor als Interpret und Pianist und schließen rezeptionsgeschichtlich eine Lücke in der Wahrnehmung dieses bemerkenswerten Künstlers. Gleichzeitig setzen sie die erfolgreiche Reihe von Ausstellungen und Veröffentlichungen des Museum der Moderne Salzburg der letzten zehn Jahre fort, die sich mit US-amerikanischen Künstler_innen und Organisationen der Nachkriegszeit an der Schnittstelle von bildender Kunst, Musik, Performance und Technologie beschäftigen.
Tudor erlangte 1950 internationalen Ruhm mit seiner Interpretation von Pierre Boulez’ Klaviersonate Nr. 2, einem als nahezu unspielbar geltenden Werk, das er nach rund einjähriger Vorbereitungszeit in den Vereinigten Staaten zur Uraufführung brachte. Damit konnte sich Tudor als gefragter Interpret der damals bekanntesten Komponisten experimenteller Musik etablieren.
Nur einem kleinen Kreis ist bekannt, warum Tudor seine beeindruckende interpretatorische Tätigkeit Anfang der 1960er-Jahre allmählich aufgab. Seine Herangehensweise an die Musik veränderte sich zu dieser Zeit schrittweise von der eines Theoretikers und ausführenden Interpreten zu der eines Composer-Performers und Live-Elektronikers. Gleichzeitig begann er interdisziplinär mit Künstler_innen aus anderen Bereichen zusammen-zuarbeiten. Bis zu seinem Tod 1996 schuf er Werke, die zwischen Komposition, Performance, Objektkunst und Installation angesiedelt sind.
Wenn von David Tudor die Rede ist, dann am häufigsten im Zusammenhang mit John Cage, als dessen Hauptinterpret er Berühmtheit erlangte. Da Tudor äußerst zurückhaltend war, haben vor allem beredtere Zeitgenossen – wie beispielsweise Cage selbst – mit großer Wertschätzung über Tudors Wirken und Einfluss berichtet, aber auch von seinem enigmatischen und verschlos-senen Charakter. Sein Name fällt in Ausstellungen und Publikationen auffallend oft im Zusammenhang mit zentralen Personen und Ereignissen der US-Avantgarde der Nachkriegszeit, für die er offensichtlich von großer Bedeutung war. So erscheint Tudor allgegenwärtig und bedeutsam und zugleich als rätselhafte Erscheinung am Rande des Geschehens.
Ausstellung und Publikation sind maßgeblich durch die Unterstützung von Personen ermöglicht worden, die sich dem gemeinschaftlichen und interdisziplinären Geist David Tudors verpflichtet fühlen. Allen voran sind John Driscoll und Phil Edelstein zu nennen, die mit dem 1973 von Tudor gegründeten Kollektiv Composers Inside Electronics dessen Erbe fortführen.
Kuratorin: Christina Penetsdorfer
Museum der Moderne Salzburg
www.museumdermoderne.at
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David Tudor
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Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V.
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