Mit fünf großformatigen Diaprojektionen, mehreren Fotoserien und einem Gesangsprojekt für das Internet präsentiert K21 einen ersten musealen überblick über das Werk der belgischen Künstlerin Ana Torfs (geb. 1963, lebt und arbeitet in Brüssel).
Kuratorin: Doris Krystof
Darstellen und Vorstellen, Realität und Fiktion bilden die Eckpfeiler von Ana Torfs’ Installationen, die aus projizierten Bildern (zumeist Schwarz- Weiß-Dias) und Texten bestehen. In präzise choreografierten Ton- Bildkonstellationen werden literarische, historische, politische Stoffe aufs Neue erzählt und eindringlich vergegenwärtigt. Dabei arbeitet Ana Torfs mit Darsteller(innen), die ihre Rollen betont nüchtern und sachlich verkörpern. Dokumente aus der Geschichte der Jeanne d’Arc, ein berühmter Einakter des symbolistischen Dichters Maurice Maeterlinck oder Akten aus dem Mordprozess von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht dienen Ana Torfs als Arbeitsmaterial, das sie zu Raum füllenden Dia-Installationen wie "Du mentir-faux" (Vom Falsch-Lügen), 2000, "The Intruder" (Der Eindringling), 2004, oder "Anatomy", 2006, verarbeitet. Das subtile Sezieren und übereinanderlagern von Orten, Personen, Stimmen und Atmosphären, das Ana Torfs seit mehr als fünfzehn Jahren praktiziert und weiter entwickelt, schöpft aus dem Repertoire theatraler, fotografischer und filmischer Techniken.
Neben einer Auswahl früherer Arbeiten ist in K21 erstmalig die große, jüngst fertig gestellte Dia- Installation "Displacement" (2009) zu sehen, die mit Unterstützung des Baltic Art Center, Visby, entstanden ist. Die schwedische Insel Gotland, die Ana Torfs 2007 während eines Arbeitsaufenthalts kennen lernte, inspirierte die Künstlerin zu einem Remake von Roberto Rossellinis "Viaggio in Italia" (1954), einem Filmklassiker am übergang von italienischem Neorealismo zur Nouvelle Vague.
Zu den wechselnden, in den Raum eingeblendeten Schwarz-Weiß-Fotografien der magisch-kargen Insellandschaft, die noch deutlich die Spuren der militärischen Nutzung während des Kalten Krieges trägt, sind die Dialoge eines sich auf einer Reise entfremdenden Paares zu hören. Das gesprochene Wort und das statische, fotografische Bild verweben sich bei Ana Torfs zu einem imaginativen Raum jenseits des Kinos. Persönliche Erfahrung und globale Dimensionen fallen ineinander.
Dies kommt auch in der neuen fotografischen Serie "Family Plot" zum Ausdruck. Porträts von Carl von Linné und anderen Vertretern der frühen wissenschaftlichen Botanik verweisen auf die Benennung exotischer Pflanzenfamilien im Sinne der kolonialen Praxis der Aneignung fremder Arten.
Die räumliche übertragung von Orten und Geschichten stellt einen wesentlichen Aspekt in Ana Torfs’ künstlerischem Ansatz dar. Die Raumsituation, in der die Werke gezeigt und vom Betrachter erfahren werden, spielt daher eine besondere Rolle. Für die Präsentation ihrer Arbeiten in K21 hat Ana Torfs in Kooperation mit dem belgischen Architekten Kris Kimpe eine eigene Architektur entworfen.
Ergänzend zur Ausstellung wird in der Black Box, dem Kino des Düsseldorfer Filmmuseums, Ana Torfs’ 35mm- Film "Zyklus von Kleinigkeiten" (S/W, 1998, Ton, dt. 86’)gezeigt, der, basierend auf den so genannten Konversationsheften des ertaubten Beethoven, einen Einblick in das Alltagsleben des Komponisten gibt. Aufführungen am 29. und 30. Mai 2010, jeweils um 15 Uhr (die Künstlerin ist anwesend).
Zur Ausstellung erscheint ein umfassender, von Jurgen Persijn gestalteter Katalog: "ANA TORFS - ALBUM/TRACKS A+B", herausgegeben von Sabine Folie und Doris Krystof und mit Beiträgen von Mieke Bal, Anselm Franke, Michael Glasmeier, Steven Jacobs, Friedrich Meschede, Kassandra Nakas und Catherine Robberechts sowie einem Interview mit Ana Torfs von Gabriele Mackert (Verlag Moderne Kunst, Nürnberg, dt./engl., 204 S., zahlreiche Abb.)
Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit der Generali Foundation, Wien, wo sie mit einer leicht veränderten Werkauswahl unter dem Titel Ana Torfs - ALBUM/TRACKS B" vom 3. September bis 12. Dezember 2010 zu sehen sein wird. Die beiden Ausstellungen in Düsseldorf und Wien ergänzen einander und bieten eine komplette Übersicht über das bisherige Schaffen von Ana Torfs.
Abbildung:
- Ana Torfs, Figure A, 2002, © Ana Torfs
- Ana Torfs, The Intruder, 2004, Installationsansicht, Roomade, Brüssel, 2004, Installation mit Diaprojektion auf schwarzem Untergrund, synchronisierte Audiofassung, Dimensionen variabel, Courtesy of the artist, © Ana Torfs, 2009
- Ana Torfs, Displacement, 2009, Dia | slide, © Ana Torfs
Ausstellungsdauer: 27. Februar - 18. Juli 2010
Öffnungszeiten:
dienstags bis freitags 10.00 - 18.00 Uhr
samstags, sonntags und feiertags 11.00 - 18.00 Uhr
montags geschlossen
jeden 1. Mittwoch im Monat 10.00 - 22.00 Uhr
K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen im Ständehaus
Ständehausstraße 1
40217 Düsseldorf
Tel.(0211) 8381-630
Fax(0211) 8381-601
K20 wegen Grundsanierung und Erweiterungsbau geschlossen.
The K20 will be closed during major renovations and the construction of an extension.
kunstsammlung.de
Kataloge/Medien zum Thema:
Ana Torfs
Galerie im Körnerpark
Akademie der Künste
Galerie Parterre
Kommunale Galerie Berlin
Galerie HOTO