Unter dem Titel „G for Gong“ zeigt das Edith-Russ-Haus für Medienkunst vom 11. Juli bis 29. September die erste Soloausstellung des Videokünstlers und Theaterregisseurs Ho Tzu Nyen in Deutschland. Seine Installationen sind bildgewaltige Arbeiten, in denen sich zahllose Referenzen aus östlicher und westlicher Literatur, Kunst und Musik zu einem rätselhaften Werk verbinden. Nicht weniger komplex als die Bildebene sind die sorgfältig komponierten Toncollagen. Ho Tzu Nyens zentrales Thema ist die Suche nach einer oder vielmehr mehreren kulturellen Identitäten Südostasiens, die so viele Sprachen, Kulturen und Einflüsse umfassen, dass sie sich kaum auf einen historischen Kern reduzieren lassen.
„Ho Tzu Nyen hat in den vergangenen Jahrzehnten eine grandiose Bild- und Konzeptwelt aufgebaut, in die die Ausstellung einen Einblick eröffnet“, sagen Edit Molnár und Marcel Schwierin, die Leiter des Edith-Russ-Hauses. „Im Mittelpunkt steht das ‚Critical Dictionary of Southeast Asia‘, eine Arbeit, in der Ho Tzu Nyen sich intensiv mit den Geschichten und Kulturen Südostasiens beschäftigt.“ In diesem kritischen Wörterbuch verknüpft Nyen die parallelen Erzählungen von lokalen, animistischen Kosmologien mit denen der verschiedenen Kolonialismen und der Modernisierungen. Ihn interessiert dabei weniger eine einfache, geschichtliche Wahrheit, sondern „wie uns Geschichte präsentiert wird und wie diese konstruierten Geschichten unsere Art zu Denken und unsere Art zu leben regulieren, definieren und kontrollieren“, so der Künstler. Das universalistische Format des Wörterbuchs repräsentiert dabei den gleichermaßen obsessiven wie zum Scheitern verurteilten Versuch, eine ganze Welt mit seiner Kunst zu beschreiben.
Die älteste Arbeit in der Ausstellung ist „Utama – Every Name in History is I“ (Utama – Jeder Name in der Ge-schichte bin Ich), ein künstlerischer Film aus dem Jahre 2003, der in inszenierten, auf Gemälden basierenden Szenen der mythischen Gründung Singapurs nachspürt. „2 or 3 Tigers“ von 2016 zeigt computergenerierte Figuren, die von einem menschlichen Darsteller durch Motion-Capture-Technologie animiert werden und dabei die metamorphen Möglichkeiten digitaler Bilderzeugungsprozesse nutzen, um Tier- und Menschenfiguren zu verschmelzen. Sein jüngstes Werk „R for Resonance“, das zum ersten Mal in Europa zu sehen sein wird, ist eine Fortschreibung des Wörterbuchs mit den scheinbar unendlichen Möglichkeiten der Virtual Reality-Technologie.
Über Ho Tzu Nyen
Ho Tzu Nyen (*1976) lebt in Singapur und arbeitet in den Medien Film, Video, Performance und Theater. In seinen Arbeiten verwebt er zahllose Bezüge aus Kulturgeschichte und Philosophie zu beeindruckenden Bildwelten, die formal durch Barock, Tableau vivant (Lebendes Bild) und Popkultur inspiriert sind. Sein zentrales Thema ist die vielschichtige Kommunikation zwischen westlicher und östlicher Kultur, wie sie sich in den komplexen Identitäten Südostasiens widerspiegelt.
Ho Tzu Nyen hat Bildende Kunst am Victorian College of the Arts in Melbourne und Southeast Asian Studies an der National University of Singapore studiert. 2011 hat er Singapur auf der 54. Venedig Biennale repräsentiert. 2015 erhielt er den Grand Prize Award des Asia Pacific Breweries Foundation Signature Art Prize. Neben Einzel- und Gruppenausstellungen in Asien, Australien, den USA und in Europa hat Ho Tzu Nyen bereits an zahlreichen internationalen Filmfestivals teilgenommen.
Die Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt des Edith-Russ-Hauses mit dem Projekt „Das Dynamische Archiv“ der Hochschule für Künste (HfK) Bremen. Weitere Informationen gibt es im Internet unter thedynami-carchive.net.
Die Ausstellung wird gefördert vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, der NordLB Kulturstiftung und der EWE Stiftung.
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