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Latifa Echakhch

Die innere Leere unserer Event-Gesellschaft

16.11.12 - 24.2.13 | Kunsthaus Zürich

Die französisch-marokkanischen Künstlerin Latifa Echakhch untersucht in ihren Werken Fragen von kulturellem Transfer und die damit einhergehenden Verschiebungen von Identität. Für das Kunsthaus schafft die Künstlerin neue Werke, die exklusiv in Zürich zu sehen sein werden. Das Leitmotiv ist der Zirkus.

Als Latifa Echakhch (*1974) im Rahmen der Gruppenausstellung «Shifting Identities» (2008) ihren ersten Museumsauftritt hatte, war ihr Name noch unbekannt. Die damals gezeigte Arbeit «Fantasia» – eine Gruppe von schwarz bemalten, leeren Fahnenstangen, die sich im Raum überkreuzten – erregte jedoch grosse Aufmerksamkeit. Inzwischen hat die in Marokko geborene und nun in Martigny, Schweiz, lebende Künstlerin an der Venedig-Biennale 2011 und 2012 an der Sydney-Biennale teilgenommen. Renommierte Institutionen wie die Tate Modern, London, haben ihr Einzelausstellungen ausgerichtet. Nach dieser Reise um die Welt kommt die Künstlerin nun an den Ort ihres ersten Museumsauftritts zurück, ans Kunsthaus Zürich. Die gemeinsam mit Kuratorin Mirjam Varadinis vorbereitete Präsentation besteht aus neuen, speziell für die Sammlungsräume geschaffenen Werken, die exklusiv im Kunsthaus gezeigt werden.

AKTUELLES LEITMOTIV: ZIRKUS UND LEERE
Als zentrales Motiv hat Latifa Echakhch den Zirkus ausgewählt. Dabei interessiert sich die Künstlerin nicht für die lustige, fröhliche Seite des Zirkus, sondern vielmehr für den melancholischen Aspekt des Spektakels und die Leere. Die Vorstellung von etwas, das nur in seiner Abwesenheit gegeben ist, beschäftigt die Künstlerin seit längerem. Die Idee der Leere geht bei Latifa Echakhch allerdings noch weiter. Erst wenn die vermeintlich bekannten Objekte ihrer ursprünglichen Bedeutung entleert sind, können neue Lesarten entstehen – und genau das macht Latifa Echakhch. Sie verwendet Objekte, die wir alle gut kennen, wie z.B. die typischen architektonischen Bestandteile und Requisiten des Zirkus: Manege, Kostüm, Podest und Zirkuszelt. Ein solches Zelt ist in den Sammlungsräumen des Kunsthauses so arrangiert, dass der Besucher das Gefühl hat, er spaziere über das Dach des Zirkus – ein poetischer Wechsel der Perspektive. Gleichzeitig fehlt die politische Komponente nicht, für die Echakhch bekannt ist. Mit der Installation im Kunsthaus verweist Latifa Echakhch auf die innere Leere unserer Event-Gesellschaft, nimmt gleichzeitig aber auch Bezug zur Geschichte des Zirkus und jenen «Freak-Shows», in denen Menschen mit Abnormitäten aller Art zur Schau gestellt wurden. Diese Shows, wie jene berühmte von Barnum, lebten von der Inszenierung des Blicks auf das Fremde – ein Thema, das für Latifa Echakhch von zentraler Bedeutung ist, wie schon ihre früheren Arbeiten erkennen lassen.

POLITISCHE BEDEUTUNGSEBENE
Den oftmals voreingenommenen Blick auf nationale und religiöse Identitäten reflektiert die Künstlerin seit Beginn ihres Schaffens in poetischen und zugleich konzeptuellen Arbeiten. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Titel, wie bei der Installation «Stoning» (2010). Am Boden liegende Steine wirken auf den ersten Blick harmlos. Die Bezeichnung «Stoning» ruft jedoch plötzlich Bilder von brutalen Steinigungen hervor und lädt das Werk mit einer neuen Bedeutungsebene auf. «À chaque stencil une révolution» (2007) erinnert – aus einiger Entfernung betrachtet – an abstrakte Wandmalerei. Doch der Titel löst ganz andere Konnotationen aus. Er erinnert nämlich daran, dass früher politische Manifeste mit Hilfe jener blauen Kopierfolien vervielfältigt wurden, die Latifa Echakhch für ihre Arbeit verwendet. Jede der an die Wand geklebten blauen Folien steht für die Möglichkeit einer Revolution, und somit verwandelt sich die vermeintlich abstrakte Malerei in einen politisch explosiven Wandbehang.

PUBLIKATION
Weitere Informationen über die Arbeitsweise von Latifa Echakhch und ihren Blick auf die Welt gibt eine zur Ausstellung erscheinende Broschüre. Neben Abbildungen der neu entstehenden Werke enthält sie den Abdruck eines ausführlichen Gesprächs zwischen Kuratorin Mirjam Varadinis und der Künstlerin.

Offen: Sa/So/Di 10–18 Uhr, Mi/Do/Fr 10–20 Uhr. Feiertage: 26. Dezember, 1./2. Januar 2013: 10–18 Uhr. 24 / 25. / 31. Dezember geschlossen.

Kunsthaus Zürich
Heimplatz 1
CH–8001 Zürich
Tel. +41 (0)44 253 84 84
kunsthaus.ch

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