Vom 3. Oktober 2020 bis zum 24. Januar 2021 zeigt die Kunsthalle zu Kiel in Kooperation mit dem Schleswig-Holsteinischen Kunstverein im Deutsch-Dänischen Kulturellen Freundschaftsjahr Werke des gebürtigen
Dänen Jeppe Hein im Kontext künstlerischer Positionen aus der Sammlung. Die rund 30 ausgestellten Arbeiten widmen sich dem Thema der Spiegelung und der Doppelung im weitesten Sinne: Spielarten der Abstraktion und Selbstreflexion, Vervielfachung und Verzerrung stellen in den Werken unter anderem von Georg Friedrich Kersting, Alicja Kwade, Bill Viola, Max Sudhues und dem Gastkünstler Jeppe Hein jeweils die eigene Wahrnehmung und die Vorstellung davon, was ein Bild ist, auf die Probe.
Jeppe Hein (*1974 in Kopenhagen, Dänemark) lebt und arbeitet in Berlin. In den 1990er Jahren absolvierte er ein Studium an der Royal Danish Academy of Arts, Kopenhagen, und der Städelschule für Bildende
Künste, Frankfurt a.M.. Ein Burnout im Jahr 2009 veränderte nicht nur seine Lebensweise, sondern auch seine Kunst. Selbstbesinnung und Achtsamkeit wurden zu zentralen Themen. Auch der Ausstellungstitel Right here. Right now., der eine Selbstvergewisserung und Verortung im Hier und Jetzt anspricht, bezieht sich darauf.
Früh stellt Jeppe Hein mit interaktiven Kunstwerken Kontakt zu den betrachtenden Personen her. Die Anregung zu Kommunikation und Partizipation rückt ins Zentrum seines Interesses. Sie wird zum Merkmal seiner Kunst. Den Werkstoff Spiegel und den Effekt des Spiegelbildes setzt er ein, um den Umraum im Kunstwerk erfahrbar zu machen und spielerisch Kontakt herzustellen – zu sich selbst und zu anderen.
Jeppe Hein lädt mit seinen Werken Passant*innen im öffentlichen Raum ein, durch das eigene Handeln das Kunstwerk zu erfahren und zu erleben. In Kiel bildet seit 2004 das von ihm entworfene, betretbare
Wasserspiel Changing Invisibility den Mittelpunkt der Hiroshima-Parkanlage. Hein zählt zu den international renommiertesten Gegenwartskünstler*innen mit reger Ausstellungstätigkeit im In- und Ausland.
An Jeppe Heins Auseinandersetzung mit Spiegelungen knüpfen die ausgewählten Positionen der Sammlung der Kunsthalle an. Erstmals wird die vom Stifterkreis erworbene WeltenLinie von Alicja Kwade (*1979 in Kattowitz, Polen), die 2018 eigens für die Kunsthalle angefertigt wurde, in einem Sammlungskontext gezeigt. Alicja Kwade macht in dieser begehbaren Rauminstallation mithilfe von Spiegeln, Spiegelbildern und Augentäuschungen komplexe wissenschaftliche Phänomene erfahrbar. „Weltlinie“ ist ein Begriff aus der Relativitätstheorie. Er bezeichnet die Umlaufbahn eines Objekts in der Raumzeit. Die Raumzeit ist die vierte, sinnlich nicht wahrnehmbare Dimension, die sich aus dem dreidimensionalen Raum und der eindimensionalen Zeit zusammensetzt. Die menschliche Wahrnehmung der Steine und Baumstämme in Kwades Spiegellabyrinth verändert sich in Abhängigkeit zur eigenen Bewegung und dem Verstreichen von Zeit. Was als real erscheint, hängt buchstäblich vom Standpunkt der Betrachtenden ab.
Darüber hinaus präsentiert die Kunsthalle zu Kiel zum ersten Mal Alicja Kwades Arbeit Singularität (2009), die die Kunsthalle 2018 als Schenkung aus Privatbesitz erhielt. In thematischer Verwandtschaft
zur WeltenLinie widmet sich die Künstlerin auch hier ihrem Interesse an Fragen physikalischer Zusammenhänge. Das Kunstwerk steht sinnbildlich für abstrakte und wissenschaftliche Konstrukte wie die der Singularität und Raumzeit. Eine Singularität ist eine vereinzelte Erscheinung. In der Erforschung der Himmelserscheinungen bezeichnet der Begriff einen Ort, an dem die Raumzeit nicht mehr definiert ist. Alicja Kwade verknüpft Raum und Zeit symbolisch durch die Verbindung einer tickenden Uhr mit einem den Umraum reflektierenden Spiegel.
Kunsthalle zu Kiel
Düsternbrooker Weg 1
24105 Kiel
www.kunsthalle-kiel.de
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Galerie Alte Schule im Kulturzentrum Adlershof
Galerie im Saalbau
neurotitan
Galerie im Tempelhof Museum
Verein Berliner Künstler