Das Werk von Janet Cardiff und George Bures Miller richtet sich an alle Sinne. Es erkundet insbesondere die skulpturale Plastizität von Geräusch, Klang und Musik. Ihre Arbeiten sind Vehikel für individuelle Exkursionen, die eine nostalgische Faszination für wunderkammerartige Erfahrungswelten mit den multimedialen Möglichkeiten unserer heutigen Lebensrealität verbindet. Wer sich auf den Weg macht, ihre Werke zu erkunden, begibt sich auf Reisen, taucht in Träume und poetische Welten ein. Die Ausstellung bietet einen umfassenden Überblick über ihr Schaffen, von ersten interaktiven Klangarbeiten bis zu neusten, dystopisch-immersiven Rauminstallationen.
Den Anfang ihrer über 30-jährigen Karriere als Künstlerpaar machten ortsspezifische 'Audiowalks' mit Walk- oder Discmans. Ab 2000 entwickelten sie eine besondere Form der Augmented Reality, indem sie ihre Walks mittels verschiedener Videoabspielgeräte um eine Dimension erweiterten – ein Erlebnis, das von Teilnehmenden als eine Art interaktives, körperlich erfahrbares Kino beschrieben wurde. Ähnlich wie unser Geruchssinn ist das akustische Gedächtnis ein hochpräzises und hochkapazitives Erinnerungssystem, das die Wahrnehmung prägt und in seiner Offenheit, Körperlichkeit und Anschlussfähigkeit dem visuellen Gedächtnis vielleicht überlegen ist. Diesen Aspekt nutzt das Duo voll aus, um mit ihren Spaziergängen die wunderbare Entgrenzung und Offenheit des Hörens erlebbar zu machen: Durch die Interaktion mit der Aussenwelt werden die Sinne geschärft, gleichzeitig wirken die Teilnehmenden auf Aussenstehende als befänden sie sich in einer meditativen Versenkung.
Janet Cardiff & George Bures Miller, The Forty Part Motet, 2001, Eine Neubearbeitung von Spem in Alium von Thomas Tallis (1556/1573), Audioinstallation, 14 min, Loop © Janet Cardiff and George Bures Miller; Courtesy of the Lehmbruck Museum, Duisburg
Janet Cardiff, The Forty Part Motet, eine Bearbeitung von Spem in Alium von Thomas Tallis (um 1570), 2001 © 2023 courtesy the artist, Lehmbruck Museum, Duisburg, Foto: Thomas Köster/KunstArztPraxis.de
Cardiff und Miller verwenden verschiedene technische Ansätze, um unterschiedliche Klangerlebnisse zu kreieren. Besonders eindrücklich gelingt dies in ihrer ersten grossen musikalischen Installation The Forty Part Motet (2001). Ausgangspunkt für die Soundinstallation ist eine geistliche Vokalkomposition: die Motette Spem in Alium (um 1570) für acht Chöre zu je fünf Stimmen von Thomas Tallis. Das Duo zeichnete die Stimmen der vierzig Sänger:innen einzeln auf getrennten Tonspuren auf, um sie schliesslich unisono wiederzugegeben. Vierzig Lautsprecher, in einem Oval angeordnet, stehen für die Chormitglieder und machen den Klang im Raum skulptural erfahrbar. Die Besucher:innen können ihr Hörerlebnis selbst beeinflussen, indem sie sich im Raum bewegen, sich nahe eines Lautsprechers auf eine einzelne Stimme konzentrieren oder die Komposition als Ganzes rezipieren.
Museum Tinguely
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