Die deutsch-venezolanische Künstlerin Gego (1912 in Hamburg – 1994 in Caracas) – mit bürgerlichem Namen Gertrud Goldschmidt – gehörte zu den Pionierinnen der modernen Kunst in Lateinamerika.
Bekannt ist sie für ihre filigranen, netzartigen Zeichnungen, Skulpturen und Installationen.
Vom 20. September 2025 bis zum 18. Januar 2026 widmet das Zentrum Paul Klee der Künstlerin im Rahmen der Sammlungspräsentation Kosmos Klee die erste Einzelausstellung in der Schweiz und zeigt Zeichnungen, Aquarelle, Druckgrafiken sowie ausgewählte Skulpturen.
Gertrud Goldschmidt, die sich als Künstlerin stets «Gego» nannte, wurde 1912 in eine deutsch-jüdische Bankiersfamilie geboren und studierte zunächst Ingenieurwesen und Architektur in Stuttgart.
Sie gehörte zu den letzten jüdischen Hochschulabsolvent:innen, die im nationalsozialistischen Deutschland noch ein Diplom erhielten.
Aufgrund der sich rasch verschärfenden antisemitischen Diskriminierung und Gewalt musste sie 1939, kurz nach ihrem Abschluss, aus Deutschland fliehen.
Gego emigrierte nach Venezuela, wo sie sich ab den 1950er-Jahren erstmals künstlerisch betätigte.
Bekanntheit erlangte sie darauf insbesondere mit ihren Rauminstallationen, den Reticuláreas.
In den letzten Jahren wurden Gego im Ausland vielbeachtete Museumsausstellungen gewidmet, so etwa 2023 im Guggenheim Museum in New York.
Die Fokus-Ausstellung im Zentrum Paul Klee vereint verschiedene Werkgruppen der Künstlerin und stellt ihr aussergewöhnliches Werk einem Schweizer Publikum vor.
Im Zentrum von Gegos Schaffen steht das Zeichnen und die Auseinandersetzung mit dem Raum.
Während ihrer Ausbildung als Ingenieurin und Architektin diente das Zeichnen zunächst vor allem als Entwurfstechnik.
Unter dem Einfluss von Kunstschaffenden wie Paul Klee, Anni Albers, Josef Albers oder Naum Gabo löste sie sich in den 1950er-Jahren jedoch von den Regeln des technischen und architektonischen Entwerfens und entdeckte das Zeichnen als Form des freien künstlerischen Experimentierens und Erfindens.
Im Geist der abstrakten Kunstströmungen der 1960er-Jahre entwickelte sich Gegos künstlerische Tätigkeit hin zu einer spielerischen Auseinandersetzung mit der Geometrie, mit Strukturen und Netzen, Raum und Bewegung, Transparenz und Wahrnehmung.
Wie andere wichtige Vertreter:innen der abstrakten Kunst in Lateinamerika, beispielsweise die Brasilianerin Lygia Clark oder die venezolanischen Künstler Jesús Rafael Soto oder Alejandro Otero, verfolgte Gego das Ziel, die traditionellen Grenzen der Kunst zu erweitern und dem Geist des Aufbruchs und des Fortschritts jener Zeit Form zu geben.
Mit ihrem Werk trug Gego dabei entscheidend zur Entwicklung der geometrischen Abstraktion und der kinetischen Kunst in Lateinamerika bei, die in den 1960er-Jahren von Venezuela über Brasilien bis Uruguay und Argentinien zur dominanten Kunstströmung wurde.
Gegos Schaffen lässt sich ab den 1950er-Jahren verschiedenen Werkgruppen zuordnen, an denen sie jeweils über mehrere Jahre hinweg arbeitete.
In den 1960er-Jahren etwa entstanden zahlreiche Zeichnungen und Druckgrafiken, die Linien, Netz- und Gitterstrukturen zeigen und den Eindruck dreidimensionaler Formen erzeugen.
Bekannt wurde sie aber vor allem für die skulpturale Anwendung ihrer Bildideen in Form von raumfüllenden und oft begehbaren Drahtinstallationen, die sie Reticuláreas [Netzstrukturen] nannte.
Ihre erste Reticulárea schuf Gego im Juni 1969 im Museo de Bellas Artes in Caracas (Pressebild 01).
Mit diesen Raumzeichnungen forderte Gego die traditionelle Vorstellung von Skulptur heraus: Anstatt feste, statische Formen zu schaffen, sind die Reticuláreas als flexible, modulare Netzstrukturen konzipiert, die den Raum durchdringen und aus verschiedenen Perspektiven erlebt werden können.
Die in der Fokus-Ausstellung gezeigten Zeichnungen, Aquarelle, Druckgrafiken und Kleinskulpturen sind sowohl eigenständige Werke wie auch Experimente in Hinblick auf die grossen Rauminstallationen, die Gego an verschiedenen Orten realisierte.
Sie geben Einblick in Gegos künstlerischen Arbeitsprozess und skizzieren ihre vielfältige und bis heute faszinierende Auseinandersetzung mit der Zeichnung und dem Raum.
20.09.2025 - 18.01.2026
Zentrum Paul Klee, Bern
https://www.zpk.org