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frank maibier. tritt tratt

11.12.2025 - 12.04.2026 | Kunstsammlungen am Theaterplatz, Chemnitz

Eingabedatum: 11.12.2025

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Frank Maibier (*1959) , Kunstmodell tritt tratt (Ausschnitt) 2025, Metallgitter, Foto: Kunstsammlungen Chemnitz/PUNCTUM/Eik Hentschke © © Frank Maibier
Unter dem Titel frank maibier. tritt tratt wird das umfangreiche Werk des Künstlers Frank Maibier in einer Einzelausstellung präsentiert. Die Schau versammelt Arbeiten aus drei Jahrzehnten und zeigt, wie konsequent Maibier Material, Klang und Schrift erforscht und dabei vertraute Strukturen immer wieder neu befragt.

Frank Maibier (*1959) arbeitet seit 1985 autodidaktisch mit Papier und Klang. Ausgehend vom Papier weitete er seine künstlerische Praxis im Laufe der Jahre auf zahlreiche Materialien aus. Er untersucht deren Strukturen und überträgt zentrale Eigenschaften des Papiers – Fragilität, Leichtigkeit und Transparenz – auf andere Stoffe. So scheinen feste Materialien optisch in Papier überzugehen, während Papier selbst organische Qualitäten annimmt. Maibiers Fokus liegt weniger auf vollendeten Formen als auf Prozessen: dem Aufbrechen von Strukturen, dem Verschieben materialgebundener Grenzen und der ständigen Transformation. Wiederkehrende Techniken wie Falten, Perforieren, Überlagern und Versetzen erzeugen Momente des Kippens zwischen Stabilität und Instabilität. Diese Fragilität verweist auf persönliche Erfahrungen ebenso wie auf gesellschaftliche Umbrüche nach 1990 und bildet die Basis einer individuellen ästhetischen Sprache.

Der Titel tritt tratt ist eine lautmalerische Erfindung des Künstlers und erinnert an Geräusche, die entstehen, wenn er Metallgitter verbiegt oder darüber hinwegtritt. Klänge und Laute sind ein zentraler Bestandteil seines Werks. Die jahrelange Beschäftigung mit Lyrik, poetischen Texten und der Rhythmik von Sprache führt zu Wortneuschöpfungen und geheimnisvollen Schriftzeichen, die einen eigenen Sprachkosmos entstehen lassen. Dabei tritt die funktionale Rolle von Sprache als Informationsträger in den Hintergrund. Stattdessen dient sie als Experimentierfeld, aus dem Maibier ihren bildhaften Charakter herauslöst, variiert und zu neuen Formen der Kommunikation verdichtet.

Seit 1995 arbeitet Maibier mit dem Chemnitzer Musiker Andreas Winkler (*1964) zusammen. Unter dem Projekttitel Kanaluntersuchung erforschen beide experimentelle Klangräume, die zwischen Improvisation, Gesang und Rhythmus pendeln. Free Jazz, Elektronik, Techno, Samba, Rumba und House verbinden sich mit zarten wie expressiven Klängen zu einem emotionalen Gefüge. Besonders markant sind die sprachorientierten Gesänge Maibiers, die keiner bekannten Sprache entstammen und sich zu eindringlichen Sinnbildern verdichten. Dadurch entstehen komplexe Überlagerungen unterschiedlicher akustischer Ebenen.

Die Präsentation umfasst Papierarbeiten, Zeichnungen, skulpturale Objekte und raumgreifende Installationen. Sie zeigt die Vielfalt von Maibiers künstlerischem Schaffen und macht sichtbar, wie er mit Materialität, Licht, optischen Täuschungen, Dynamik, Statik und Klang arbeitet. Erstmals wird das Klangprojekt Kanaluntersuchung in dokumentarischer Form vorgestellt. Ergänzt wird es durch eine neue Soundinstallation sowie das mobile Projekt elephant in the room, bei dem Maibier und Winkler mit der Skulptur der Elefantin EWA durch Europa reisen und in Interaktion mit Menschen treten.

11.12.2025 - 12.04.2026

Kunstsammlungen am Theaterplatz

Theaterplatz 1, 09111 Chemnitz

https://www.kunstsammlungen-chemnitz.de/

Presse

Kontext

Einordnung:
Frank Maibiers Schaffen steht in der Tradition von Arte Povera und Prozesskunst, indem es den Fokus auf die Transformation und die Eigenschafen alltäglicher, fragiler Materialien legt. Seine Arbeitsweise knüpft an post-minimalistische Tendenzen an, die Stabilität und vollendete Form zugunsten von Prozess und Instabilität aufgeben. Die konsequente Verbindung von Objekt, Klang und Sprache verortet ihn im Kontext intermedialer Praktiken seit Fluxus. Dabei wird Sprache ihres Informationsgehalts beraubt und als rein bildhaftes oder lautliches Material eingesetzt, was an Strategien der Konzeptkunst erinnert. Die thematisierte Fragilität verweist über das Persönliche hinaus auf die gesellschaftlichen Umbrüche und Unsicherheiten im post-sozialistischen Deutschland nach 1990. Die Zusammenarbeit mit einem Musiker und die Integration von Free Jazz bis Techno aktualisieren diesen Ansatz für die Gegenwart.
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