"The less I do with my material, the better it is"
Carl Andre und Melissa Kretschmer in der Konrad Fischer Galerie, Düsseldorf
Joseph Beuys mochte seine Kunst nicht, weil er der Meinung war, dass Carl Andre zu wenig Arbeit in seine Materialien investiere. Konrad Fischer dagegen sah die Abbildung eines seiner Werke im Artforum und war so begeistert, dass er den Künstler im Oktober 1967 für die Eröffnungsausstellung seiner Galerie in der Neubrückstraße nach Düsseldorf einlud. Heute zählt Carl Andre zu den wichtigsten Vertretern der Minimal Art und wird nun erneut mit einer Ausstellung in der Galerie beehrt, die ihm als "Sprungbrett" für den europäischen Kunstmarkt diente. Gleichzeitig zeigt Melissa Kretschmer, die Lebensgefährtin des New Yorker Künstlers, Arbeiten aus ihrer aktuellen Werkreihe >Plane Series<.
Mit seinen sogenannten "floor pieces" aus industriell vorgefertigten Materialien wie Ziegelsteinen oder quadratischen Metallplatten brach Carl Andre in den späten 1960er Jahren mit dem damals gängigen Skulpturbegriff. Seine streng geometrischen Aneinanderreihungen aus stets gleichförmigen Segmenten auf dem Boden hatten weder abbildende Funktion, noch wurden sie auf einem Sockel präsentiert. Im Gegenteil: als fast dematerialisierte Skulpturen sollten die frühen >floor pieces< sogar vom Ausstellungsbesucher betreten werden. Carl Andre ging es vor allem um neue Raumerfahrungen sowie um die Sensibilisierung für Materialien und deren Eigenschaften. Auch seine brandneuen Arbeiten aus Kupfer (Cu) und Aluminium (Al) sind daraufhin konzipiert. Je nach Tageszeit und Beleuchtung reflektieren die Edelmetalle das Licht und erzeugen dabei rötlich oder silbern schimmernde Effekte an den weißen Wänden. Wegen der Empfindlichkeit der edelmetallenen Oberflächen ist das Betreten dieser Skulpturen jedoch nicht mehr unbedingt erwünscht.
Auch Melissa Kretschmers Arbeiten aus der >Plane Series< zeugen von einem dezidierten Materialbewußtsein. Sie selbst bezeichnet ihre aus Bienenwachs, Graphit, Papier und verschiedenen Hölzern gefertigten Wandobjekte als etwas zwischen Malerei und Skulptur zu Verortendens. Grundlage dafür bildet eine durch geometrische Flächen und von dem Wechselspiel zwischen Tiefe und Flachheit geprägte Holzstruktur, auf der verschiedene Papiersorten verleimt werden, die Kretschmer mit Graphit und Bienenwachs bearbeitet. Durch das Auftragen des Wachses entstehen Verwischungen und Schlieren, die ein wenig an Gerhard Richters Malerei erinnern. Der Bildträger wird nicht nur auf der Vorderseite gestaltet, sondern wird auf der Rückseite durch Holzschichtungen erweitert, die ihn letztlich weiter in den Raum hineinragen lassen. Genau wie Carl Andre verwendet Kretschmer ihre Materialien in unbehandelter Form und nutzt ihre jeweiligen Qualitäten zur Gestaltung der in Rechtecke gegliederten Bildfläche.
Ein Ausspruch von Carl Andre bringt letztlich die Arbeitsweise von beiden künstlerischen Positionen auf den Punkt: "The less I do with my material, the better it is".
Abbildungen:
- Carl Andre, links >19 Aluminium Line< (2008), rechts >19 Copper Line< (2008)
- Melissa Kretschmer, links >Plane Series #0426< (2008),
rechts >Plane Series #0508< (2008)
Carl Andre - CuAl / Melissa Kretschmer - Plane Works
20. Juni - 02. August 2008
KONRAD FISCHER GALERIE
Plantanenstraße 7
40233 Düssedorf
Tel.: 0211 68 59 08
Stefanie Ippendorf
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