Der Badische Kunstverein zeigt die israelische Künstlerin, Tänzerin und Tanztheoretikerin Noa Eshkol (1924–2007) in einer umfangreichen Präsentation. Zentrales Moment der Ausstellung sind die beeindruckenden Wandteppiche aus gefundenen Textilresten, von denen Eshkol zu Lebzeiten Hunderte von Exemplaren anfertigte. Zudem zeigt die Ausstellung eine Auswahl an Zeichnungen, Fotografen, Filmen und Texten, die das tanztheoretische Werk Noa Eshkols beleuchten und die erstmals in diesem Umfang gezeigt werden.
Noa Eshkols interdisziplinäres Werk weist weit über die Gegenwart bis in die Zukunft künstlerischer Produktion hinaus. 1958 entwickelte sie zusammen mit dem Architekten Avraham Wachman die Eshkol Wachman Movement Notation – ein System, das Körperbewegungen in Linien, Zahlen und Symbole überführt und in einer Rasterstruktur aufzeichnet. Ursprünglich für den Tanzbereich konzipiert, funktioniert die Notation wie ein Regelwerk, nach dem sich spezifische Bewegungsabläufe nachvollziehen und identisch reproduzieren lassen – ähnlich wie die Partitur in der Musik oder das Alphabet in der Sprache. Die in der Ausstellung gezeigten Dokumente und Zeichnungen geben einen Einblick in Eshkols und Wachmans Theorien und verdeutlichen ihre Verankerung im postmodernen Denken sowie ihre Nähe zu konzeptuellen Praktiken jener Zeit.
1954 gründete Eshkol die Noa Eshkol Chamber Dance Group, um ihre Bewegungsstudien mit einer kleinen Anzahl von Tänzer_innen umzusetzen. Eshkols Tanzpraxis beruht auf den klaren Strukturen ihrer Notation. Die ausgeführten Bewegungen sind minimal und konzentriert, es gibt keine Erzählung, Dekoration oder Musik und der Takt wird allein durch ein Metronom vorgegeben. Für Noa Eshkol, die in einem Kibbuz in Palästina aufwuchs, wurde das kollektive Arbeiten zu einem zentralen Aspekt in ihrem Werk. Ihr Privathaus in Holon, Israel, war –
und ist noch heute – Zentrum gemeinsamen Studierens und Arbeitens.
Ende 1973 begann Eshkol Wandteppiche aus textilen Resten herzustellen. Dazu trennte sie die gefundenen Stoffe auf und kombinierte diese zu neuen Assemblagen, ohne sich das Material vorab zurechtzuschneiden. Die fertigen Kompositionen wurden anschließend von ihr und einigen ihrer Tänzer_innen zusammengenäht. Während sich Eshkols Tanzpraxis durch Reduktion und Sachlichkeit auszeichnet, sind ihre Teppiche von einer Fülle an verschiedenen Farben, Formen und Materialien geprägt. Was die verschiedenen Praxen aber durchaus vereint, ist ein Interesse an der Arbeit mit vorgefundenem Material (Bewegung oder Stoff), das zu neuen Kompositionen verbunden wird.
Natur, Bäume, Landschaft, Vögel oder Stillleben sind einige der konkreteren Motive der Teppiche, während andere in einem Spiel aus Transparenz und Opazität bewusst abstrakt bleiben. Auch wenn Eshkol selbst keine Verbindung zwischen ihren Tänzen und Teppichen herstellte, so wurden die verschiedenen Bereiche in ihrem Haus doch auf das Engste miteinander verknüpft und markierten einen utopischen Ort, an dem Disziplin, Interaktion und Spontanität nebeneinander existieren konnten.
Noa Eshkol studierte Musik in Tel Aviv und Tanz an der Tehila Ressler Schule. 1946 zog sie nach London, um mit Rudolf von Laban und Lisa Ullmann an dem Art of Movement Studio in Manchester zu studieren.
Anschließend wechselte sie an die Sigurd Leeder Schule für Modernen Tanz in London. 1950 ging sie nach Israel zurück und unterrichtete an verschiedenen Schulen und Universitäten Bewegung und Tanz. Ihre Werke wurden in den letzten Jahren in internationalen Ausstellungen präsentiert, unter anderem im Israel Museum, Jerusalem (2011); LACMA, Los Angeles; Jewish Museum, New York; TBA21, Wien (2012); Musée d’Art Moderne, Paris; in den Opelvillen Rüsselheim (2013), Museum of Contemporary Art, Tokyo (2014) und auf der 20. Sydney Biennale (2016).
ÖFFNUNGSZEITEN
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Di bis Fr 11–19 Uhr
Sa, So u. Feiertage 11–17 Uhr
Badischer Kunstverein
Waldstraße 3
76133 Karlsruhe
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