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Cinthia Marcelle. Ungehorsame Werkzeuge

04.02. - 29.05.23 | Museum Marta Herford

Das Museum Marta Herford zeigt mit „Ungehorsame Werkzeuge“ die erste Überblicksschau der international renommierten Künstlerin Cinthia Marcelle (*1974 in Belo Horizonte, lebt und arbeitet in São Paulo, Brasilien) im deutschsprachigen Raum. Seit Ende der 1990er-Jahre setzt sie sich in Videos, Skulpturen, Fotografien, Installationen und Performances kritisch mit etablierten und hierarchisierenden Strukturen in der Gesellschaft auseinander, die unser alltägliches Miteinander bestimmen. Ihr Schaffen ist eine konsequente Weiterentwicklung der gesellschaftspolitischen Kunstproduktion in Brasilien im 20. Jahrhundert, in der sich Materialexperimente mit konzeptioneller Strenge und einer einzigartigen kollaborativen Praxis verbanden.

Die Ausstellung im Marta Herford zeigt ortsspezifisch neu entwickelte, raumgreifende und materialintensive Installationen, bildgewaltige Videos und konstruktivistische Papierarbeiten von 1998 bis heute. Der Ausstellungstitel ist dem gleichnamigen Essay „Herramientas Desobedientes“ (2018) der mexikanischen Schriftstellerin und Aktivistin Gabriela Jauregui entlehnt. Jauregui beschäftigt sich darin mit der Frage, wie man aus etablierten patriarchalen sowie westlichen Denkmustern ausbrechen kann. Sie erkennt transformatives und emanzipatorisches Potenzial im gemeinschaftlichen Aushandeln verschiedener gleichwertiger Parteien. In diesem Sinne spiegeln Jaureguis Überlegungen Kernthemen und Arbeitsweisen Cinthia Marcelles Schaffens wider, die auch im Mittelpunkt ihrer Ausstellung im Marta Herford stehen: das Ausbrechen aus etablierten Mustern, die unser Denken bestimmen und hierarchische Strukturen in der Gesellschaft produzieren. Marcelle stellt konventionelle Rollenverteilungen, vertraute Sicht- und Verhaltensweisen sowie vermeintlich feststehende binäre Kategorien wie Ordnung – Chaos, Fiktion – Realität, Regel – Ausnahme, Unterordnung – Widerstand oder Innen – Außen in Frage, um zu verdeutlichen, dass vielfältige Formfindungen und Deutungen möglich sind. Auf verschiedene Weise wird in Marcelles Schaffen immer wieder deutlich, dass die Bedeutung von Konventionen, Normen, Mustern oder etwa Materialien nie festgeschrieben ist und sich je nach Blickwinkel stets ändern kann.

Im Zentrum der Marta-Schau steht das zweiteilige Werk „A família em desordem“ (Die Familie in Unordnung, 2018/ 2023). Die beiden in zwei voneinander getrennten Räumen installierten Teile bestehen aus der gleichen Zusammensetzung einfacher Materialien, die ordentlich zu einer Barrikade aufgebaut wurden: Mauerziegel, Fässer, Erde, Kreide, Steine, Schnürsenkel, Streichholzschachteln, Baumwollstoff, Malerkreppband, Pappe, Klettband u.a. Für das eine Setting lud Marcelle sieben mit dem Museum vertraute freie Kunstvermittler*innen und Arthandler*innen ein, über sechs Tage gemeinschaftlich, aber ohne die Künstlerin, die Barrikadenstruktur zu zerstören, um so eine neue Form zu generieren. Keine externen Hilfsmittel und Werkzeuge waren hierbei gestattet. Alle Materialien sollten bewegt und der gesamte Raum bespielt werden. „Meine Arbeit beginnt mit einem Vorschlag – einer Geste, einer Aktion, einer Gruppe von Menschen – sich neu zu erfinden, neu zu lernen und neu zu organisieren. Die einfache Prämisse der Erneuerung ist ein Aufruf, sich von vorherrschenden Ideen, Szenarien und Materialverständnissen loszusagen und diese neu zu gestalten, um die Grundfesten einer Institution und eines öffentlichen Raums in etwas zu verwandeln, das wir als Gemeinschaft bezeichnen könnten,“ beschreibt Marcelle ihren Ansatz, der sowohl „A família em desordem“ als auch vielen weiteren Arbeiten zugrunde liegt. Die Ausstellungsbesucher*innen erleben stets das formalisierte Produkt des gemeinschaftlichen Aushandlungsprozesses. Im Raum verdichten sich Spuren dieser Entwicklung sowie des spielerischen Umgangs der Akteur*innen mit den Materialien zu einer beeindruckend künstlerischen Formensprache, die nicht von der Künstlerin als Genius, sondern als kollaborativer Prozess kreiert wurde. Das zweite Setting von „A família em desordem“ zeigt zum einen die Ausgangssituation, quasi den Rohzustand des Werkes. Zum anderen ist die Barrikade hier als Raumtrenner installiert und verhindert den gewohnten Ausstellungsrundgang. Über diese Barrikade hinweg stehen sich die Besuchenden gegenüber und sind gezwungen umzukehren und die Ausstellung, von der anderen Seite kommend, erneut zu besichtigen.

Cinthia Marcelle verbindet Kunst und Alltag, indem sie alltägliche Situationen und Handlungsabläufe in den Blick nimmt und zu poetisch-metaphorischen Aktionen und Bildern werden lässt – nicht selten wird dadurch die Absurdität verinnerlichter Routinen offenbart. ...

Marta Herford
Goebenstraße 2–10, D-32052 Herford
marta-herford.de

Presse





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