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Ragnar Axelsson. Where the world is melting.

15.12.2021 - 18.04.2022 | Versicherungskammer Kulturstiftung München

„Ein Brief an die Zukunft: Okjökull ist der erste isländische Gletscher, der seinen Status als Gletscher verliert. Es wird erwartet, dass in den nächsten 200 Jahren alle unsere Gletscher den gleichen Weg gehen werden. Dieses Denkmal soll zeigen, dass wir wissen, was geschieht und was getan werden muss. Nur Ihr wisst, ob wir es getan haben.“ 2019 wurde Okjökull der Gletscherstatus aberkannt, seine Eismasse war zu gering– eine sichtbare Folge des Klimawandels. Nun erinnert Island an seinen Gletscher mit einer Gedenktafel, die eine emotional eindrückliche Botschaft für die Nachwelt beinhaltet.

Der Isländer Ragnar Axelsson, einer der gefragtesten Fotografen des Nordens, beobachtet den Klimawandel schon seit Langem mit größter Sorge. Seit mehr als 40 Jahren dokumentiert er die dramatischen Veränderungen von Landschaften und Lebensräumen am Rand der bewohnbaren Welt und reist in die abgelegensten und isoliertesten Regionen der Arktis, zu Inuit-Jägern nach Nordkanada und Grönland, zu Bauern und Fischern auf Island und den Färöerinseln und zur indigenen Bevölkerung in Nordskandinavien und Sibirien. Seine Informationen stammen aus erster Hand, von den Menschen vor Ort. Axelsson scheut keine Risiken und Mühen, sie immer wieder zu besuchen und Zeit mit ihnen zu verbringen.

Aus diesem Grund und weil er den oftmals beschwerlichen Alltag mit ihnen teilt, genießt er ihr Vertrauen. Das wiederum erlaubt es ihm, Momentaufnahmen ihres Lebens zu machen und ihre Erzählungen aufzuschreiben – so wird er zum Botschafter ihrer Existenz und der sich verändernden Lebensbedingungen. Das andere große Thema, das ihn begeistert, ist die Kraft der Elemente und die Erhabenheit der nordischen Natur. Davon zeugen seine beeindruckenden fotografischen Landschaftporträts. Mit dem Blick des Forschers und Künstlers analysiert er auch die kleinsten Naturstrukturen, die an moderne Zeichnungen eines Paul Klee oder Per Kirkeby erinnern. Die ästhetische Entscheidung für Schwarz-Weiß hält er dabei konsequent ein.

Axelssons Engagement reicht jedoch weit darüber hinaus, ausschließlich selbst als Fotograf und Journalist aktiv zu sein. Einige Fotografen, darunter der Magnum-Fotograf Paolo Pellegrin, haben ihn gebeten, sie bei ihren Projekten über den Klimawandel zu unterstützen. Axelsson, ein erfahrener Pilot, ist auch mit Ólafur Elíasson über die Gletscher in Island geflogen, als jener an seinem künstlerischen Gletscherprojekt arbeitete. Zudem hat er die Klimaforscher Stefan Rahmstorf und Michael Mann begleitet, als diese die schmelzenden Gletscher sehen wollten. Axelsson ist gut befreundet mit dem Vulkanologen Haraldur Sigurðsson. Mit ihm ist er an entlegene Orte in Indonesien und Grönland gereist, wo sie unter anderem die blauen Seen auf dem schmelzenden Grönlandgletscher untersucht haben.

Diese Ausstellung mit begleitendem Katalog „Where the World Is Melting“, bietet einen ersten persönlichen Blick auf Axelssons Lebenswerk, das selbstverständlich noch nicht abgeschlossen sein kann. Denn hinter seinen Fotografien steht die feste Überzeugung, dass die traditionelle Kultur der arktischen Bevölkerung nicht nur im Verschwinden begriffen ist, sondern den zerstörerischen Auswirkungen größerer Kräfte wie der Wirtschaft und des Klimawandels nicht standhalten kann. Diesen Menschen, die vom Klimawandel gezwungen werden, ihre jahrhundertealte Lebensweise an veränderte Bedingungen anzupassen oder auch aufzugeben, sind Ausstellung und Katalog gewidmet. Wir danken Ragnar Axelsson und Einar Geir Ingvarsson für die Konzeption und Realisierung dieses umfassenden, fotografisch anspruchsvollen und aufrüttelnden Klimaprojekts und hoffen, dass es eine große Beachtung beim Publikum findet.

WO DIE WELT SCHMILZT
Seit über 40 Jahren fotografiert Ragnar Axelsson (* 1958), auch bekannt als Rax, Menschen, Tiere und Landschaften in den entlegensten Regionen der Arktis, etwa in Island, Sibirien und Grönland. In kargen Schwarz-Weiß-Aufnahmen fängt er die elementaren Naturerfahrungen des Menschen am Rand der bewohnbaren Welt ein und macht die außergewöhnlichen Beziehungen zwischen den Menschen der Arktis und ihrer extremen Umgebung sichtbar – Beziehungen, die sich aufgrund nie da gewesener Klimaentwicklungen heute tiefgreifend und vielschichtig verändern. Von 1976 bis 2020 arbeitete Axelsson als Fotojournalist für die isländische Tageszeitung Morgunblaðið, zudem hat er in Lettland, Litauen, Mosambik, Südafrika, China und der Ukraine freiberuflich Aufträge übernommen. Seine Fotografien wurden in Zeitschriften wie LIFE, Newsweek, Stern, GEO, National Geographic, TIME und Polka abgedruckt und weltweit ausgestellt.

Axelsson hat sieben Bücher in verschiedenen internationalen Ausgaben publiziert. 2020 wurde sein Buch Hetjur norðurslóða/Arctic Heroes veröffentlicht, das den Schlittenhunden Grönlands als Helden der Arktis gewidmet ist. Für den 2018 erschienenen Bildband Jökull/ Gletscher verfasste Ólafur Elíasson das Vorwort. Andlit norðursins/Das Gesicht des Nordens mit einem Vorwort von Mary Ellen Mark, kam 2016 heraus und gewann im selben Jahr den Isländischen Literaturpreis für das beste Sachbuch. Zu den weiteren Auszeichnungen, die Axelsson für seine Arbeit erhielt, zählen eine Reihe isländischer Preise für Fotojournalismus, eine ehrenvolle Erwähnung beim Leica Oskar Barnack Award, der Grand Prize des Festivals Photo de Mer im französischen Vannes sowie die höchste Ehrung Islands, das Ritterkreuz des Falkenordens. Zurzeit arbeitet er an einem Dreijahresprojekt, mit dem das Leben der Menschen in allen acht arktischen Staaten dokumentiert werden soll. In dieser entscheidenden Zeit, in der die natürlichen und tradierten Gegebenheiten ihrer Welt durch den Klimawandel unwiderruflich zerstört werden, legt Axelsson Zeugnis von der unmittelbaren und direkten Gefahr ab, die die Erderwärmung für ihr Überleben darstellt.


Versicherungskammer Kulturstiftung | Kunstfoyer | Maximilianstr. 53 | 80538 München
www.versicherungskammer-kulturstiftung.de


Presse





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