Mit seinem erweiterten Kunstbegriff hat der 1921 geborene und 1986 verstorbene Joseph Beuys die Bildhauerei der Moderne aus traditionellen und figürlichen Bindungen herausgeführt. Im Sinne seiner plastischen Vorstellungen von „Energie“ und „Bewegung“,
„Gestalt“ und „Ungestalt“ führte er Filz und Fett, Honig und Kupfer als neue Materialien in die Kunst ein.
Beuys´ Ansatz, die Kunst in die Gesellschaft zu tragen und somit Bewusstsein bildende Prozesse anzustoßen, schloss das Denken sowie dessen Ausformung in Schrift und Sprache mit ein. Auch die Signatur betrachtete Beuys als eine Form der Zeichnung. Wie kaum ein anderer Künstler verstand er sich als „Sender“, der auch in Diskussionen, Vorträgen und Reden sein Gesellschaftsmodell vermittelte und zum Mitdenken aufforderte.
Mit Werken aus der Sammlung des Mediziners und Kunsthistorikers Axel Hinrich Murken gibt die Ausstellung Einblick in die komplexe Vorstellungs- und Gedankenwelt des Künstlers und folgt seinen Bezügen zu Paris. Beuys´ künstlerischer Intellekt, der ihn zum
Aufbruch, zur Reflektion und zum Widerspruch drängte, bewirkte eine geistige Nähe zu Paris, das sich im Zuge der 1968er-Revolte zu einem Zentrum der Fluxus-Bewegung entwickelte. Einen Einstieg vermittelte der Künstler Sarkis. Auf einem Plakat warb er für
Beuys mit der Frage: „Connaissez-vous Joseph Beuys?“ In den 1970er-Jahren intensivierten sich die Besuche und Beziehungen, auch durch große Installationen, die Beuys in Galerien und in den großen Pariser Museen für moderne und zeitgenössische Kunst einrichtete. Im Kontext seiner Paris-Aufenthalte und Ausstellungen entstanden wiederum Multiples und Auflagenobjekte, so die Grafik Initiation Gauloise (Paris-Métro, 1958–74) von 1976.
Nach der Präsentation im Goethe-Institut in Paris 2012 zeigt das Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr als bislang einzige Station in Deutschland die Ausstellung Beuys und Paris.
Einblicke in sein Werk mit rund 80 Grafiken, Zeichnungen und Auflagenobjekten, einem Tonbandinterview von 1971 sowie dreißig bislang nicht veröffentlichten Fotografien des Künstlers aus der Sammlung des Medizinprofessors und Kunsthistorikers Axel Hinrich Murken. 1968 trafen sich der Wissenschaftler und der Künstler erstmals in Köln. Es entwickelte sich ein langjähriger Dialog, der in dem von Murken verfassten und 1979 erschienenen Grundlagenwerk Beuys + die Medizin mündete, das Beuys redigierte und mit einem Filzeinband versah.
Mit ein Anlass, Beuys erstmals im Kunstmuseum Mülheim mit seiner umfangreichen grafischen Sammlung zu zeigen, sind zwei Filme, die 1980 mit Beuys in der Ruhrstadt entstanden sind: der preisgekrönte Film Beuys von Werner Nekes und Dore O. und der nach einem Drehbuch von Bazon Brock produzierte Film Peggy und die anderen oder Wer trägt die Avantgarde? von Werner Nekes. Beide Filme werden im Kontext der Ausstellung gezeigt.
Dass die Person Joseph Beuys bis heute Diskussionen provoziert, lassen neue Fakten und Fragestellungen erkennen, die der weiteren Forschung, Analyse und der Einbindung in einen Gesamtzusammenhang bedürfen. Die Ausstellung unternimmt es, einen Blick auf
Beuys aus der Perspektive eines langjährigen Weggefährten zu werfen.
Zur Ausstellung ist das Begleitbuch Joseph Beuys und Paris. Einblicke in sein Werk (1921–1986). „Wer nicht denken will fliegt raus“. Joseph Beuys et Paris. Promenade dans son oeuvre von Axel Hinrich Murken mit einem Vorwort von Beate Reese und Joachim Umlauf in dritter Auflage erschienen. Es ist im Museumsshop für 24 € erhältlich.
KUNSTMUSEUM MÜLHEIM AN DER RUHR
Synagogenplatz 1
45468 Mülheim an der Ruhr
kunstmuseum-mh.de
PM
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