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Nam June Paik
Fluxus und Videoskulptur
9. Juli bis 25. August 2002
Der Zeitpunkt für dieses Ausstellung ist bewusst gewählt. In Kassel findet die documenta XI statt, die auch im Zeichen der Medienkunst seht, aber auch aus biographischer Sicht steht ein wichtiges Ereignis bevor: der 70ste Geburtstag des koreanischen Künstlers. Außerdem ist er der Lehmbruck-Preisträger 2001 – in dessen Zusammenhang diese Einzelausstellung steht – also keine Retrospektive vor 1/1/2 Jahren wie in Bremen.
Hier soll der innere Zusammenhang zum Fluxus und der erweiterte Objektbegriff, die Neudefinition der Skulptur durch die Medien, thematisiert werden. Wulf Herzogenrath, Direktor der Kunsthalle Bremen, aber auch Experte und Biograph des Künstlers in Deutschland, ist konzeptueller Kurator der Ausstellung. In dieser Ausstellung soll auf die gemeinsamen Auftritte von Paik und Beuys hingewiesen werden. Erstmalig begegneten sich die beiden anlässlich der Eröffnung der Ausstellung edition-expostion-demonstration ZERO in der Galerie Schmela, später bemühten sie sich, an verschiedenen Stellen Fluxus-Festivals zu organisieren.
Diese Ausstellung fällt schon auf den ersten Blick aus dem Rahmen, da Paik die Strukturen – sprich Kabel und Vernetzungen – nicht versteckt. So wird dem Betrachter gleichzeitig der hohe technische Aufwand dieser Ausstellung bewusst. Nicht wegen der Borniertheit der Museen, sondern weil die Arbeiten durch den Transport und durch den stundenlangen Betrieb belastet werden – aber auch, weil es oft nicht leicht ist, Ersatzteile zu bekommen, sind Sammler und Museen meist nicht zu Leihgaben bereit. Andererseits ist Paik ein Künstler, dem es ums Prinzip geht und nicht darum, dass es exakt der Fernseher einer bestimmten Marke sein sollte. Dennoch diese Werke sind nicht so pflegeleicht – manchmal kann auf den Techniker nicht verzichtet werden! Gerade deswegen ist diese Ausstellung außergewöhnlich, gerade weil viele Werke aus Privatsammlungen gezeigt werden.
Paik gilt nicht zuletzt deshalb als der Vater, bzw. Großvater der Videokunst, weil er als Professor an der Düsseldorfer Akademie – ebenso wie Beuys – eine neue Künstlergeneration hervorbrachte. In den 70ern holte Paik den Fernseher vom Sockel. Gegen die einsetzende Bilderflut aus Kommerz und Werbung soll, unter Verwendung der gleichen Technik, der Bildschirm zur Leinwand werden. Nachdem die Malerei und auch das Tafelbild als obsolet gelten, "malt" Paik mit dem Monitor bzw. dem Fernsehbild. Kunst und Technik versteht er nicht als Gegensatz, sondern nutzt die Technik für die Kunst, sozusagen eine Erweiterung für den Objektbegriff – wie auch Beuys den Kunstbegriff erweiterte.
Das Thema manipulierbarer Roboter und traditionsreicher Maschinen begleitet Paik sein Leben lang. So führte er ab 1986 eine aus Fernsehgehäusen, Monitoren und Videobändern zusammengesetzte Ahnengalerie vor. Figuren, aber auch persiflierte Porträts von Persönlichkeiten wie Gertrude Stein oder Beuys (Beuys Voice 1990).
Wie revolutionär seine Arbeiten sind, wird erst deutlich, wenn man sich den technischen Stand der 70er vor Augen führt. 1969 war Paiks Grundidee seines Video-Synthesizers (1968/1992) eine Maschine für TV-Bänder zubauen. Eine Maschine, die anstatt einer Kamera künstliche Bilder erzeugt. Ein Meilenstein in der maschinellen Bilderzeugung – und auch der Beginn eines neuen Zeitalter der Bildkonstruktion. Heute passt der Turm auf einen Chip!
Auf den TV Buddha ist das Haus besonders stolz – da es aus der eigenen Sammlung stammt. Das Werk kennzeichnet die Verbundenheit Paiks zu den drei Weltkulturen, in denen er zuhause ist, besonders gut. Dennoch verliert er die Kultur seiner Heimat nie aus den Augen.
Adresse: Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum
Zentrum Internationaler Skulptur
Friedrich-Wilhelm-Straße 40
47049 Duisburg
Tel.: 0203-283 2630
Fax: 0203-283 3892
Internet: lehmbruckmuseum.de
e-mail: info@lehmbruckmuseum.de
Öffnungszeiten:
Di – Sa. 11 – 17 h
So. 10 - 18 h
zur Abb.
TV-Buddha, 1997. Buddha-Relief in Stein, TV-Gerät, VTR, Stiftung
Wilhelm-Lehmbruck-Museum
Foto: Octavian Beldiman
sl
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