Von leuchtenden Herzschrittmachern und einer Theorie des Mülls
Direkt bei einem Park gelegen, wirkt er fast schon gespenstisch wenn er langsam im Dunkel der Nacht sichtbar wird, um sogleich wieder zu verschwinden: der Kamin der von den Stadtwerken Düsseldorf betriebenen Müllverbrennungsanlage am Höherweg 100. Zusammen mit drei anderen hell leuchtenden architektonischen Elementen des Areals bildet er Mischa Kuballs Lichtinstallation >pacemaker.2008<.
„Ich mag Müll“ – so sang das griesgrämige grüne Plüschmonster Oskar aus der Mülltonne schon in der Sesamstraße. Inzwischen gibt es ganze Theorien über Müll und sowohl Wissenschaft als auch Wirtschaft machen sich Gedanken darüber, wie der Abfall wieder für unsere Gesellschaft nutzbar gemacht werden kann. Ein bedeutender “Mülltheoretiker“ ist Michael Thompson, dessen Schrift >Rubbish Theory< (1979) Mischa Kuball bei der Arbeit an der Lichtinstallation für die Düsseldorfer Stadtwerke inspiriert haben soll. Laut Pressetext verweist Kuballs >pacemaker.2008< vor allem auf den Gedanken der Wiederverwertung: durch die Umwandlung in Energie vermag es die Müllverbrennungsanlage, einmal Weggeworfenes wieder wertvoll für die Stadt und ihre Bürger zu machen. Um das Sichtbarmachen genau dieser Energiebewegung geht es dem Künstler, der neben dem Kamin der Müllverbrennungsanlage auch den 50m hohen Gasturbinenturm und eine Stele am Eingang des Parks in immer gleichem 10 Sekunden-Rhythmus in weißem Licht erstrahlen und wieder verblassen lässt. Ein weiterer Turm ist gänzlich immateriell: acht in den Boden eingelassene Scheinwerfer, werfen einen Lichtkegel in den Himmel und markieren mit ihrem Grundriß den Standort, eines ehemaligen Kühlturms, der inzwischen jedoch abgetragenen worden ist.
Durch die Vermittlungsarbeit des Kunstberaters Helge Achenbach zustande gekommen, ist >pacemaker.2008< Resultat eines fast fünfjährigen Werkprozesses. Anfangs als Projekt für eine Anlage im Außenbereich Düsseldorfs geplant, ist Mischa Kuballs Lichtinstallation nun mitten in Düsseldorf-Flingern platziert. Dabei ist der Titel >pacemaker.2008< Programm: auf deutsch mit „Herzschrittmacher“ übersetzbar, verweist die pulsierende Beleuchtung der Türme auf die Produktionsprozesse, die sich in ihrem Inneren abspielen. Ebenso, so Kuball, fungiert das Licht als Merkzeichen und soll darauf aufmerksam machen, wie wir mit unserer Industriegeschichte umgehen.
Es bleibt allerdings zu hoffen, dass Kuballs Lichtkunst im öffentlichen Raum auf ebenso umweltfreundliche Weise gewonnen wird, wie die grell-grüne Beleuchtung des Heizkraftwerks Lausward am Medienhafen signalisieren soll. Diese nämlich wurde 2001 von den Stadtwerken als Zeichen der Umweltverträglichkeit ihrer Energieerzeugung durch das Verfahren der Kraft-Wärme-Kopplung in Betrieb genommen.
Abbildung: copyright Mischa Kuball
Mischa Kuball >pacemaker.2008<
Auf dem Gelände der Stadtwerke Düsseldorf
Höherweg 100
40233 Düsseldorf
mischakuball.com
Stefanie Ippendorf
Kataloge/Medien zum Thema:
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