In der Ausstellung "Nice and Easy" beziehen sich die Künstlerinnen Anna Jermolaewa, Chantal Michel, Pipilotti Rist, Lara Schnitger, Lily van der Stokker mit ihren Werken auf Niki de Saint Phalle, deren Arbeiten parallel in der Ausstellung "Die Geburt der Nanas. Die Kunst der Niki de Saint Phalle in den 1960er Jahren" gezeigt werden.
Pressemitteilung / Auszug: " ... Der Ausstellungstitel ( "Nice and Easy" ) bezieht sich auf eine Arbeit der holländischen Künstlerin Lily van der Stokker und spielt sowohl auf die ironisch-heiteren als auch auf die kritisch-offensiven Elemente der gezeigten Werke an. Mit teilweise speziell für den Ort entstandenen Arbeiten stellt die Ausstellung zur Diskussion, ob und wie die künstlerische Sprache und Materialwahl sowie das in den Arbeiten untersuchte und verkörperte Frauenbild der fünf
eingeladenen Künstlerinnen sich auf die in den frühen 1960er Jahren von Niki
de Saint Phalle formulierte Position beziehen. Kennzeichnend für die ausgewählten Arbeiten ist neben der Reflexion des eigenen Schaffensprozesses in Relation zu frühen emanzipatorischen Aufbrüchen auch die Thematisierung der gegenwärtigen, eigenen Lebenswelten. Dabei zeigt sich einmal mehr, dass die Dekonstruktion überkommener männlicher Weiblichkeitsklischees längst abgelöst worden ist von differenzierteren Identitätsbefragungen der Rollen- und Geschlechterbilder, von spielerischen Gegenentwürfen auf die in den Massenmedien verkörperten Realitäten. Seit den 1990er Jahren lässt sich gar von einer "postfeministischen" Kunst sprechen, die sich undidaktisch und humorvoll von einer eher lautstarken aktionistischen Protestkunst der Vorgängerinnengeneration absetzt.
Die großformatige Wandarbeit von Lily van der Stokker (*1954, lebt in Amsterdam und New York) lässt mit Blumen, Wolken, Spiralen, Sprechblasen und Schriftfragmenten einen Formenkosmos entstehen, der sich von jeglichem Naturalismus entfernt und mit einer rein symbolhaften Wirkung als Dekor kokettiert. In dieser Eigenschaft mag er an die phantasievolle Bildsprache von Niki de Saint Phalle erinnern. Indem Lily van der Stokker ihre
Wandarbeit durch die Integration eines Sofas ins Dreidimensionale wachsen lässt, akzentuiert sie damit den Charakter des Häuslichen und des täglichen Gebrauchs. Sie unterläuft normative Unterscheidungen zwischen Kunst und Dekor und hinterfragt gängige Geschlechterrepräsentationen.
Durch extremes Dehnen und Manipulieren des Materials lotet Lara Schnitger (*1969, lebt in Los Angeles und Amsterdam) die formalen und dynamischen Qualitäten von Skulptur aus. Aus primär mit "weiblichen" Lebenswelten in Verbindung gebrachten Materialien wie Stoffe setzen sich ihre überlebensgroßen Figuren zusammen. Ihre Rauminstallationen verarbeiten aber auch exotische Eindrücke, die die Künstlerin von ihren Reisen mitnimmt. Ein wesentliches Kriterium ihrer speziell für die Ausstellung entstandenen Arbeit ist nicht das Interesse an der weiblichen Figur als Objekt, vielmehr setzt sich ihre Darstellung aus Momenten zusammen, die aus anderen Erfahrungswelten wie Comics, Mangas oder Science-Fiction stammen und immer wieder mit aktuellen Lebensfragen abgeglichen werden.
Chantal Michel (*1968, lebt in Thun) reizt als Protagonistin ihrer Performance-, Video- und Fotoarbeiten die Möglichkeiten ihrer physischen Leistungsfähigkeit aus und berührt gesellschaftliche Grenzen und Tabus. Ihre einem Tableau Vivant gleichenden Performances bewegen sich zwischen einer bürgerlichen, bisweilen klischeehaften Normalität und dem Extrem, der Grenzüberschreitung. In ihrer jüngsten Fotoarbeit inszeniert sich Chantal Michel in absurden Stellungen in vorgefundenen häuslichen Interieurs und
treibt durch ihre spielerisch-ironischen Verbindungen mit der sie umgebenden Dingwelt weibliche Klischees auf die Spitze.
Zentrale Themen der Videoarbeiten von Anna Jermolaewa (*1970, lebt in Wien) sind die funktionalen Strukturen von Gesellschaft, soziale Beziehungsabläufe und alltägliche Gewohnheiten, in die wir eingebunden sind. Präsentiert als endlose Loops, rufen ihre Videos ein ironisches Element des Manipulierten, des Unablässigen und immer Gleichen hervor. In den formal bestechenden Arbeiten vermag die Ordnung der Dinge ins Unheimliche, Bedrohliche zu kippen und Lebensrituale in Frage zu stellen. Banale Situationen zeigen sich plötzlich sexuell aufgeladen, alltägliche und harmlose Objekte erhalten unvorhersehbare und komplexe Bedeutungen.
Videos wie "Pickelporno" (1992) von Pipilotti Rist (*1962, lebt in Zürich und Los Angeles) zeichnen sich ähnlich wie die Arbeiten von Niki de Saint Phalle durch poetische Verknüpfung von Bildern unbekümmerter Weiblichkeit, durch subversiven Humor, aber auch starke Aggression aus. Die Popularität ihrer Arbeiten verdankt sich - über 30 Jahre nach den ersten künstlerischen Erfolgen von Niki de Saint Phalle - zu nicht unwesentlichen Teilen auch
ihrem offensiven Umgang mit massenkulturellen Phänomenen. Mittels hypnotisierender Bildsprache zeigt uns Pipilotti Rist ein weibliches Ideal der Gegenwart, das mit der Vorstellung von Weiblichkeit, Stärke und Natürlichkeit verbunden ist."
Ausstellungsdauer: 24. August bis 2. November 2003
Öffnungszeiten: Dienstag 10-20 Uhr, Mittwoch bis Sonntag 10-18 Uhr, Montag geschl.
Sprengel Museum Hannover | Kurt-Schwitters-Platz | 30169 Hannover |Tel.0511.168 438 75
sprengel-museum.de
ct
Kataloge/Medien zum Thema:
Niki de Saint Phalle
Rumänisches Kulturinstitut Berlin
Galerie Alte Schule im Kulturzentrum Adlershof
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V.
Galerie Parterre
Verein Berliner Künstler