In der Ausstellung Von Bildern – Strategien der Aneignung sind Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern zu sehen, die sich etwas von anderen Bildern nehmen – sei es aus dem Bereich der Kunst oder der Populärkultur, dem Museum oder den Massenmedien – und das Entnommene zu etwas Neuem weiterverarbeiten. Dabei erzählen sie etwas von den Bildern, derer sie sich bedient haben. Sie schildern aber auch die gesellschaftlichen oder institutionellen Kontexte, aus denen die appropriierten Bilder stammen, und die Bedingungen, unter denen diese produziert, gezeigt und gehandelt werden. Aneignung ist also eine Form der Auseinandersetzung nicht nur mit Bildern, sondern mit Realität überhaupt, weil Realität schon lange, und heute mehr denn je, durch massenmedial verbreitete Bilder vermittelt wird.
Technisch gesehen gibt es zahlreiche Möglichkeiten und Verfahren des Aneignens. Dazu gehört zum Beispiel das Abfotografieren bestehender Aufnahmen, wie es bei den frühen «Wieder-Fotografien» von Zeitschriftenwerbungen durch Richard Prince oder von Kunstkatalogbildern durch Sherrie Levine der Fall ist. Dabei geht es nicht um das Kopieren der Vorlagen, sondern um die künstlerische Differenz zum Original. Aneignung bedeutet in diesem Sinne, den in Besitz genommenen Bildern ein eigenes Interesse einzuschreiben. Prince experimentiert zum Beispiel mit Effekten der Verfärbung oder dem Vergrössern spezifischer Bildausschnitte seines Ausgangsmaterials; Levine arbeitet vorrangig mit der Reproduktion oder der Vervielfältigung von Bildern und schafft mit Druck, Rahmung oder der Wahl der Papiersorte zusätzliche Differenzen.
Oft gehen Aneignungsprozesse in der zeitgenössischen Kunst auch mit der Übertragung von Bildern von einem Medium auf ein anderes einher: Nina Könnemann filmt ein Filmplakat, das auf diese Weise zum Filmmotiv wird; Marcel Broodthaers fotografiert ein Gemälde ausschnittweise aus wechselnder Distanz und präsentiert die Fotos anschliessend in einer Diaschau; Cindy Sherman inszeniert auf Basis verschiedener filmischer Genres der 1950er- und 1960erJahre eine Reihe fiktiver Filmstills.
Die Übertragung von Bildern zwischen verschiedenen Medien findet im weiteren Sinne auch statt, wenn Harun Farocki die Herstellung eines Centerfold-Fotos für die Zeitschrift Playboy filmisch dokumentiert; wenn sich Michaela Meise dabei filmt, wie sie nach einer fotografischen Vorlage die Körperhaltungen diverser Skulpturen des französischen Bildhauers Jean-Baptiste Carpeaux mimt; oder wenn John Baldessari Pressefotos aus Zeitungen ausschneidet und Bekannte über den Bedeutungsgehalt der auf diese Weise dekontextualisierten Fotografien spekulieren lässt.
Künstler:John Baldessari, Marcel Broodthaers, Harun Farocki, Andrea Fraser, Nina Könnemann, Louise Lawler, Sherrie Levine, Hilary Lloyd, Michaela Meise, Richard Prince und Cindy Sherman
Öffnungszeiten: Di–So 10–18 Uhr
Mo geschlossen
Kunstmuseum Basel und Museum für Gegenwartskunst
St. Alban-Rheinweg 60
CH-4010 Basel
Tel. +41 61 206 62 62
kunstmuseumbasel.ch
Presse
Kataloge/Medien zum Thema:
Cindy Sherman
a|e Galerie - Fotografie und zeitgenössische Kunst
GEDOK-Berlin e.V.
Haus am Lützowplatz
Galerie HOTO
GG3 - Galerie für nachhaltige Kunst