34 Skulpturen des Pioniers der biomorphen Kunst, Hans Arp, treten in einen spannungsreichen Dialog mit neunzehn vor allem bildhauerischen Werken internationaler zeitgenössischer Künstler.
Hans Arp zählt zu den einflussreichsten Künstlern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er gilt als Protagonist einer organischen Formensprache, die sich an der Metamorphose, an den Entstehungs- und Wandlungsprozessen der Natur, orientiert. Insbesondere die Entwicklung der biomorphen Plastik ab den 1930er Jahren verdankt Arp ihre entscheidenden Impulse. Seither inspiriert er nachfolgende Künstlergenerationen. In der direkten Gegenüberstellung mit zeitgenössischen Positionen zeigt sich Arps Pionierleistung und die Aktualität seiner Kunstprinzipien besonders deutlich.
Erstmals in großem Umfang treten 34 Skulpturen Hans Arps in einen spannungsreichen Dialog mit 19 international agierenden Künstlerinnen und Künstlern, die sich individuell mit der Fragestellung des Prozessualen beschäftigen. Die Ausstellung greift wesentliche Ansätze auf, deren direkte Wurzeln im Werk von Hans Arp liegen. Sie geben den drei Ausstellungsgruppen ihre Titel: Organisch, Anthropomorph, Mikrokosmos–Makrokosmos.
Reizvolle Verbindungen entstehen unter der Thematik des Organischen zwischen den dynamischen hoch aufstrebenden Skulpturen Tony Craggs, den amorphen Gebilden Maix Mayers und Arps frühen »Konkretionen«. Fließende Konturen sowie geschlossene und auf das Elementare reduzierte Formen kennzeichnen auch die hochpolierten Kunststoffoberflächen der Skulpturen von Thomas Rentmeister und Birgitta Weimer. Arps Postulat: »Wir wollen nicht abbilden, wir wollen bilden« findet seine Fortsetzung in den Werken der heutigen Künstler, die ihre Skulpturen wie Tony Cragg als »eigenständige Energien« sehen.
Der Ausstellungsbereich des Anthropomorphen schließt sich hier inhaltlich an, denn auch in Bezug auf den Menschen als zentrales Thema der Bildhauerei führen Arps Werke weg von der Nachahmung des Sichtbaren und hin zu einer Wiedergabe grundlegender Prinzipien des Menschseins. Die Skulpturen »Pflanzentorso« oder »Muschel und Kopf« lassen erkennen, wie Arp Formen menschlichen, pflanzlichen oder tierischen Ursprungs abstrahiert und zu symbolhaften Zwitterwesen miteinander paart. Derart surreale Ansätze finden wir auch in Luis Vidals »Dangerous Garden I«, in dem sich Blüten in menschliche Sexualorgane verwandeln oder in Bonnie Colluras Arbeit »Death of the Virgin«, die äußere Körperformen mit inneren Bildern und Seelenzuständen verbindet. Ernesto Neto geht noch einen Schritt weiter, wenn er den Besuchern selbst ermöglicht, die weichen Hüllen seiner »Humanoiden« zum Leben zu erwecken.
Arps »Konstellationen«, die sowohl mikrobiologische Zellen als auch kosmische Formen darstellen können, entführen uns schließlich in den Bereich von Mikro- und Makrokosmos, also zur Frage nach dem Verhältnis des Teils zum Ganzen. So glauben wir in der Arbeit »I am you« von Jackie Brookner moosbewachsene menschliche Hände zu sehen, müssen aber feststellen, dass hier vielmehr die stark vergrößerte Zellstruktur von Moos wiedergegeben ist. Im »Life Writer« von Laurent Mignonneau & Christa Sommerer ersetzen Insekten die Buchstaben auf dem Papier, was zu ständig wechselnden Konstellationen der Elemente führt.
Durch die Gegenüberstellung unterschiedlicher Positionen wie auch durch das fließende Ineinandergreifen der genannten Schwerpunkte verdeutlicht die Ausstellung, in welchem Maß Hans Arp bis heute die biomorphe Kunst inhaltlich und formal prägt und lädt dazu ein, seine Aktualität aus neuen Perspektiven heraus zu entdecken. Die Ausstellung wurde kuratiert von Astrid von Asten (Kuratorin Arp Museum Bahnhof Rolandseck) und Heike Strelow (Kunstkuratorin Bundesgartenschau Koblenz 2011/ Projektbüro für Kunst + Kultur, Frankfurt a. M.). Sie entstand in Kooperation mit der zeitgleich stattfindenden Bundesgartenschau in Koblenz, für die Hans Arp aufgrund seiner intensiven künstlerischen Auseinandersetzung mit der Natur als Kunstpatron firmiert. So steht die überlebensgroße Skulptur »Bewegtes Tanzgeschmeide« von Hans Arp als Signet des Arp Museums Bahnhof Rolandseck bis zum Oktober 2011 stellvertretend für sein Werk auf der Festung Ehrenbreitstein.
Abbildung: Gerhard Mantz, Blinde Freiheit, 1998, Colorprint, 180 x 270 cm
Ausstellungsdauer: 27. Mai 2011 bis 22. Januar 2012
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag und Feiertage 11–18 Uhr
arp museum Bahnhof Rolandseck Ort der Künste
Hans-Arp-Allee 1, 53424 Remagen
Tel +49 (0)2228 9425-0
arpmuseum.org
Medienmitteilung
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