Der in Berlin lebende Künstler Carsten Nicolai (*1965 in Karl-Marx-Stadt) möchte in seinen Medieninstallationen unsichtbare Phänomene erfahrbar machen und vereint dazu die Disziplinen Musik, Kunst und Wissenschaft. Er beschäftigt sich mit mathematischen Modellen wie Raster und Codes, Fehlfunktionen und autonomen Strukturen und nutzt mit seiner Hingabe zum Reduktionismus elektronische Musik, um eigene Zeichensysteme, Klanglehren und visuelle Symbole zu entwickeln.
Die ortsspezifische Installation transmitter / receiver – the machine and the gardener (2022) am Haus der Kunst ist eine multi-sensorische Arbeit, die von Zen Gärten inspiriert wurde. Diese stellen das Universum in Miniaturform dar und laden Gärtner*innen ein, abstrakte Ausdrucksformen in der Natur zu beobachten. In der Arbeit wird zusammen mit einem sich ständig verändernden Lichthorizont der Klang kosmischen Rauschens erfahrbar gemacht. Ein skulpturales Instrument („machine“) wird von Geigerzählern gesteuert und stößt einen elektrischen Impuls aus, sobald ein kosmisches radioaktives Teilchen festgestellt wird. Dieser Impuls reguliert das hörbare kosmische Rauschen, das separat auf dem Dach des Haus der Kunst von einer Antenne empfangen wird. Ein Lichthorizont wird wiederum sowohl durch die zufällige Begegnung radioaktiver Partikel verändert, als auch durch die Zeit innerhalb der aktuellen Mondphase. Dadurch entsteht eine Komposition, die gänzlich von der Zufälligkeit kosmischer Teilchen gesteuert wird. Die hypnotisierende Arbeit lädt Besucher*innen ein zur Kontemplation in einem Raum voller willkürlicher Frequenzen und Intensitäten. Als Referenz des lateinischen Worts „curare“ – sich kümmern – wird ein Mitglied des kuratorischen Teams als „Gärtner*in“ in der Installation ritualisierte Handlungen der Pflege durchführen und die physischen Elemente der Installation subtil neu arrangieren.
Im Dialog mit Fujiko Nakayas Nebelskulpturen, in denen zerstäubtes Wasser die Atmosphäre sichtbar macht, zoomt Nicolais Installation an die kleinsten Teilchen heran, um das Universum darzustellen und seine willkürliche Anordnung kosmischer Ereignisse zu präsentieren. Nicolai und Nakaya trafen sich in den späten 1990iger Jahren durch Shiro Takatani, einem der Gründer des japanischen Künstler*innenkollektivs Dumb Type. Zu Nicolais vielseitigen musikalischen Projekten zählen zudem Kollaborationen mit Ryuichi Sakamoto und Ryoji Ikeda, die ebenfalls dem Kollektiv angehören.
Carsten Nicolai.
transmitter / receiver − the machine and the gardener, 2022
3. Juni − 17. Juli 2022
Multimediale Rauminstallation
Kuratiert von Sarah Johanna Theurer mit Hanns Lennart Wiesner
Haus der Kunst, Prinzregentenstr. 1, 80538 München
www.hausderkunst.de
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