Selbst der brasilianische Honorarkonsul war gekommen, um einem der wohl berühmtesten Künstler seines Landes die Ehre zu erweisen. Cildo Meireles Kunst ist politisch und sozialkritisch. In den 70er Jahren bestempelte er Dollarnoten, die er selbst herstellte, mit Inschriften und verteilte diese. "Wer tötete Herzog?“ ist eine Beschriftung, die die Ermordung eines regimekritischen Journalisten thematisiert. Das Blutgeld sucht seinen Mörder. Ein Menschenleben für eine Handvoll Scheine. Ebenfalls finden sich in kleinen Glaskästen Münzen, die mit dem Wert 0 geprägt sind. Meireles hinterfragt so den "tatsächlichen" Wert des Geldes und das kapitalistische Streben danach. So lautet der Titel hierfür auch Eingriffe in ideologische Kreisläufe: Banknoten_Projekt.
Im ersten Stock des Kunstvereins entblößt sich dem Besucher das spektakulärste Objekt. Bereits vor dem Eingang der Ausstellungsräume fnden sich tiefschwarze Bindfäden, über die der Besucher steigt. Sie winden sich durch die Eingangshalle die Treppe hinauf. Ein meterhohes Spinnennetz mit gigantischen Ausmaßen breitet sich vor den Augen des Betrachters aus. La Bruja, die Hexe, nennt sich das 1979 entstandene Objekt. Aus 1320 Baumwollfäden, die je 1000m lang sind, hat Mereiles eine Installation erstellt. Chaotisch, komplett unübersichtlich und unergründlich erscheint diese. Am Ende stellt der Betrachter erstaunt fest, dass sich in der hinteren Ecke ein Besen befindet, von dem alle Fäden ausgehen. Statt Ordnung zu schaffen bzw. zu reinigen schafft der Holzbesen Unordnung und Verwirrung.
Politisch motiviert ist auch die Installation Occasion – Gelegenheit. Man betritt einen Raum mit drei Spiegeln an den Wänden. In der Mitte befindet sich eine Schale mit Geld – echten Euroscheinen. Was der Betrachter nicht weiß, ist, dass sich hinter einem der Spiegel ein Raum befindet, der ebenfalls von Besuchern betreten werden kann. Nur jene können jedoch die Menschen in dem Raum mit der Geldschale sehen. Überwachung und Kontrolle, ohne dass der andere davon etwas erfährt.
Der 56jährige lebt nach wie vor in seinem Geburtsort Rio de Janeiro. In Europa war er unter anderem auf der Venediger Biennale 2003 und der Documenta 11 vertreten.
Fotos: Copyright Kunstverein Hamburg
Die Ausstellung Cildo Meireles läuft vom 26. Juni bis zum 19. September 2004.
Kunstverein in Hamburg
Klosterwall 23
20095 Hamburg
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Dr. Tanja Hemme
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