Als 1968 die Kunsthalle Bielefeld
eingeweiht wurde, brauchte sie nicht lange auf einen ostwestfälischen Spitznamen zu warten: die Bezeichnung "Elefantenklo" schien dem neuesten Bauwerk des bekannten amerikanischen Architekten Philip C. Johnson als kurze Schmähung wie auf den Leib geschnitten.
Ungeachtet Johnsons Verdienste um die Fortführung der modernen Museumsarchitektur von New York bis Utica galt das Gebäude am Rande des mittelalterlichen Stadtrings als plump, überdimensioniert und unproportional.
Selbst der sonst so beliebte rote Sandstein als Fassadenverkleidung konnte die negative Stimmung in der Bevölkerung nicht besänftigen.
Das Museum beinhaltet fünf Geschosse, von denen zwei im Souterrain versteckt werden. Die Unterbringung von Nutzungen wie Café, Kunstbibliothek und museumspädagogischem Dienst in Zusammenhang mit einem Raumprogramm für die Präsentation der ständigen Sammlung und der Wechselausstellungen ist Ende der sechziger Jahre noch eine Seltenheit gewesen. Bielefeld bekam keine städtische Kunsthalle, sondern ein Kunst- und Kulturzentrum neuester Denkart und mit ihm den Flair von moderner Architektur.
Leider konnten selbst vehemente öffentliche Proteste in den sechziger Jahren nicht verhindern, dass die Kunsthalle den Beinamen "Richard Kaselowsky-Haus", nach dem Ziehvater des Hauptsponsors Rudolf August Oetker, bekam. Erst 1998 entschloss sich der Stadtrat, den Beinamen zu streichen und sich dem Stifter Oetker entgegen zu stellen. Die NS freundliche Haltung des Namensgebers hatte nun auch städtische Ohren erreicht und war damit untragbar geworden.
Trotz aller Widrigkeiten entstand ein Museum für internationale Kunst des XX. Jahrhunderts mit den Schwerpunkten Deutscher Expressionismus und Plastik des Kubismus. Die vorhandene Sammlung umfasst aber auch bekannte Werke der amerikanischen abstrakten und der zeitgenössischen deutschen Kunst.
Viermal im Jahr werden Wechselausstellungen präsentiert zumeist im ersten Stock, wobei das zweite Obergeschoss der ständigen Sammlung vorbehalten bleibt. Die unterschiedliche Belichtung der Stockwerke durch zum Teil großflächige Verglasung unten und indirekter Sonneneinstrahlung im Obergeschoss kann so flexibel - den ausgestellten Objekten entsprechend - eingesetzt werden.
Die einzelnen Räume im Inneren sind nur durch freistehende Wände aus dem roten Sandstein der Fassade von einander getrennt. Innen und Außen befinden sich durch die Verwendung desselben Materials in einem Wechselspiel. Es entstehen vertikale Räume mit Park auf der einen, Museum auf der anderen Seite und fließende Orte im Spannungsfeld dazwischen.
Auch wenn das obere Stockwerk ein bisschen zu hoch und damit zu schwer geraten ist, hat Johnson Bezüge mit so unterschiedlichen Zusammenhängen geschaffen ohne die Präsentation von Kunst erschweren. Im Gegenteil, es scheint kein Zufall zu sein, dass gerade an dieser Stelle überregional beachtete Ausstellungen ihren Ausgangspunkt hatten, zum Beispiel: Klaus Kinold, Fotograf, 1993; Picasso um 1905, 1999 oder Kasimir Malewitsch - das Spätwerk, 2000.
Die letzten vierzig Jahre haben allen Wogen geglättet. Viele Ausstellungen mit enormer Popularität und hervorragenden Kritiken sind durch das sonst kulturell eher stille Bielefeld gezogen. Es sind ausschließlich positive Bemerkungen zurückgeblieben und ein musealer Ansatz, der auch weniger Kunstinteressierte, häufiger ins Museum führt. Die Ostwestfalen sind still und zufrieden geworden, der Spitzname aber ist geblieben.
Aktuelle Ausstellung: Jeff Koons. Die Bilder 22.09.02 - 10.11.022
Öffnungszeiten: Di.+Do.+Fr.+So. 11.00-18.00 Uhr / Mi. 11.00-21.00 Uhr / Sa. 10.00-18.00 Uhr
Kunsthalle Bielefeld / Arthur-Ladebeck-Strasse 5 / 33602 Bielefeld / Tel.: 0521/32999500
kunsthalle-bielefeld.de
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