In ihrem Buch "Künstliche Intelligenz - das Ende der Kunst" untersucht die Philosophin Catrin Misselhorn die Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz auf die Kunst.
Sie stellt grundlegende Fragen zur Veränderung der Kunsttheorie und -praxis und zur Definition von Kunst. Müssen wir den Begriff der Kunst neu definieren? Wer oder was gilt als Schöpfer der Kunst, oder, wie unterscheiden wir zwischen Original und Fälschung?
Dabei greift sie den Aspekt der Ununterscheidbarkeit von Kunst und Nicht-Kunst des Kunstkritikers und Philosophen Arthur C. Danto auf und erklärt die KI-Kunst zur nächsten Stufe. Auf dieser tritt eine weitere Ununterscheidbarkeit auf nämlich die von Menschen gemachte und die von Maschinen gemachte Kunst.
Die Autorin definiert Kunst anhand von drei Punkten: Kunst muss eine Bedeutung verkörpern, diese Bedeutung muss eine höhere Ordnung ausdrücken und sie muss in einem Verhältnis zum Kunstkontext stehen.
Im Fall der Künstlichen Intelligenz stellt Misselhorn allerdings fest, dass diese keine Verantwortung übernehmen kann. Asthetische Verantwortung kann nur der Autor übernehmen und den gibt es bei Künstlicher Intelligenz nicht.
Da die Künstliche Intelligenz zur Zeit noch auf der Basis von durch Menschen erstellten Content arbeitet, erklärt sie alle KI generierten Objekte zu Fälschungen. Hierbei fokussiert sie sich auf Produkte, die einen bekannten Stil imitieren.
Ein kurzer Verweis auf die KI-gestützte Materialforschung hilft hier bei der Klärung. Denn auch schon bekannte Elemente erstellen in einer unermesslichen Anzahl neue Konfigurationen und erzeugen neue Materialien, die kaum als Fälschungen bezeichnet werden können.
Der Verweis auf die Fälschung im Zusammenhang mit der Künstlichen Intelligenz bleibt jedoch interessant, da das Falsche uns eventuell nur als falsch erscheint, weil wir das Richtige in ihm nicht erkennen.
Die Autorin behauptet, dass die Beurteilung des Status, der Identität und der Qualität eines Kunstwerks davon abhängt, wer es geschaffen hat und welche Ziele damit verfolgt wurden. Dies ist sowohl bei Fälschungen als auch bei Werken ohne Autor nicht möglich.
Misselhorn identifiziert drei mögliche Konsequenzen der Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz: Erstens könnte sich eine Kunstpraxis ähnlich der Entwicklung im Schach- oder Go-Spiel etablieren, bei der sowohl menschliche als auch maschinelle Praktiken nebeneinander existieren. Zweitens besteht die Möglichkeit, dass Künstler angesichts der Maschine resignieren und Kunst nur noch in maschineller Simulation existiert und damit nichts Wesentliches mehr mit dem zu tun hat, was wir bisher unter Kunst verstehen.
Drittens erwägt die Autorin, dass die menschliche Kunst die maschinelle Kunst degradiert, wenn KI sich nicht weiterentwickelt, da sie nichts vollkommen Neues schaffen kann. Es besteht jedoch die Hoffnung, dass KI die Künstler antreibt, die Kunst weiterzuentwickeln.
Misselhorn betont, dass die Zukunft der Kunstpraxis von unserem Umgang mit Kunst abhängt.
Der Literaturwissenschaftler Martin Puchner hingegen betrachtet Künstliche Intelligenz als Werkzeug und sieht die Möglichkeit eines Dialogs zwischen Mensch und Maschine. Er argumentiert, dass nicht alles durch das Werkzeug der Künstlichen Intelligenz zu Simulation wird, genauso wie nicht alles durch einen Hammer zum Nagel wird. Stattdessen kann KI als Werkzeug genutzt werden, um neue Kunstwerke zu schaffen, ähnlich wie Michelangelo den David schuf.
Misselhorn, Catrin: Künstliche Intelligenz – das Ende der Kunst?
[Was bedeutet das alles?]
152 S. 4 Farbabb.
Reclam Verlag
ISBN: 978-3-15-014355-1
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