Heimo Zobernig, 1958 in Maut">
Heimo Zobernig, 1958 in Mauthen bei Kärnten geboren, arbeitet in vielfältigen Medien. Er setzte in den frühen 80er Jahren bei den nach der Moderne verbliebenen Möglichkeiten der geometrischen Abstraktion an. Zwischen Autonomie und Funktionalität fächern seine Arbeiten die zeitgenössischen Bedingungen der Produktion und Rezeption von Kunst auf. In den 80er Jahren forderten die Verspieltheiten postmoderner Architektur und die opulente Malerei der "Neuen Wilden" eine jüngere Generation geradezu zu Reduktion und Versachlichung heraus. Dem Hunger nach mythenschwangeren Bildern steht bei Zobernig eine, wie er selbst sagt, "ziemlich nüchterne, transzendenzlose Sicht auf die Welt" entgegen. Allein die bevorzugten Materialien, wie unter anderem Pappe, Sperrholz oder Styropor vermitteln, daß es nicht um ewige Werte geht. Auch werden von der Kunst keine Antworten auf große metaphysische Fragen erwartet. Mit Zobernig zeigt sich vielmehr, daß Kunst vor allem anderen durch Zuweisungen und im Zusammenhang gesellschaftlich-funktionaler Bestimmungen definiert wird. Kunst ist wie Sprache ein Kommunikationssystem.
Klarheit, Funktionalität und Pragmatismus kennzeichnen Zobernigs Ansatz, der sich produktiv mit den entsprechenden Traditionen im 20. Jahrhundert auseinandersetzt: ...
Im Zuge der zu Beginn der 90er Jahre zunehmenden Betonung der sozialen Funktion von Kunst stattete Zobernig mehrfach Kommunikationsräume in Kunstinstitutionen aus. 1997 gestaltete er für die documenta X in Kassel die für Vorträge und Diskussionen vorgesehene Halle. Das im Rahmen der documenta X virulente Schlagwort "Kunst als Dienstleistung" wird auch auf Zobernig angewandt. Dabei zeigt er sich bei seinen Ausstellungsarbeiten vielmehr als Meister des Weglassens, der mit kritischem Seitenblick auf die gängige Überstilisierung durch Designbüros klare, funktionale Räume schafft.
Heimo Zobernig wird in seiner Ausstellung im Kunstverein Braunschweig neue Arbeiten mit Eingriffen in situ zeigen, welche die spezifischen räumlichen Bedingungen des klassizistischen Hauses Salve Hospes thematisieren und verändern werden. Im Zentrum der Ausstellung steht eine Serie von neuen Bildern, deren wiederkehrendes Raster in verschiedenen Techniken aufgetragen ist. Sie beziehen sich auf die Arbeiten Composition with Grid 3 und Composition with Grid 4 von Piet Mondrian aus den Jahren 1918 und 1919 sowie auf deren Neuinterpretation durch den englischen Künstler Ian Burn in den 60er Jahren. Eine ähnliche Hinterfragung der monochromen Malerei unternimmt Zobernig in einer weiteren Serie, in welcher Tausende kleiner Swarovski-Steine auf Leinwände aufgeklebt wurden und kristallartig glitzernde Bildoberflächen bilden. Eine riesige blaue Stoffschlange füllt einen der Konchenräume derart aus, daß der Besucher diesen Raum nur mit Mühe betreten und durchqueren kann. Auf zwei Monitoren ringt der nackte Künstler mit einer schwarzen Lockenperücke mit dieser Stoffanakonda in einem Raum mit videorotem Hintergrund. Das Rot ist in der Technik des „Chromakeying“ ausgeblendet und durch die Farbe Blau ersetzt. Durch dieses Verfahren verliert auch die Haut sämtliche Rottöne und erscheint dadurch wie die glatte weißgraublaue Oberfläche einer klassizistischen Skulptur. Im sich an diesen Raum anschließenden historischen roten Saal zeigt Heimo Zobernig in einer wandfüllenden Projektion sein neustes Video, Nr. 23, 2005. Das Video beginnt mit einem All-Over-Video-Blau. In dieses schiebt Heimo Zobernig einen Videomonitor, der die ablaufende Szene wiederholt. Zobernig beginnt nun mit dem geräuschvollen Hantieren und Aufstellen von diversen, widerspenstigen Projektionsrollos, deren Screens im Laufe der Zeit nahezu den ganzen Bildausschnitt ausfüllen. Jedes Rollo, das er aufzieht, gibt mittels Chromakey-Technik den Blick auf das Atelierfenster mit Aussicht in die grüne Natur frei. Nach dem Aufstellen des letzten Rollos zoomt die Kamera auf den Monitor, bis das Video-Blau das gesamte Bild füllt und der Loop von neuem beginnt.
In den Räumen des Obergeschosses trifft der Besucher auf ca. 30 goldlackierte Variationen des 1952 von Arne Jacobsen entworfenen Stuhls Ameise. Das in der intensiven isolierten Konfrontation mit einem bestimmten Farbwert bestehende Prinzip der Monochromie überträgt Zobernig in dieser Installation auf den Objekt-Bereich, indem er die Sitzschalen aus Sperrholz mit der sehr speziellen und vielfältig konotierten Farbe Gold streicht.
Zobernigs Befragung und Kritik des Vorgefundenen steht exemplarisch für die konzeptuelle Ausrichtung des Kunstvereins Braunschweig. Die ausgestellten Arbeiten thematisieren wesentliche Fragestellungen Zobernigs und geben somit einen Einblick in das Werk des österreichischen Künstlers. (Presse / Kunstverein Braunschweig)
Öffnungszeiten: täglich außer montags 11-17 Uhr
Kunstverein Braunschweig e.V.| Haus Salve Hospes
Lessingplatz 12
38100 Braunschweig
Telefon +49 531 49556
kunstverein-bs.de
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