Am 24. Mai eröffnet die Sammlung Grässlin ihre siebte Ausstellung in St. Georgen. Sie ist Tobias Rehberger sowie Skulpturen aus der Sammlung gewidmet und zeigt Werke von über 20 Künstlern und Künstlerinnen.
So wie seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts die Möglichkeiten der Malerei immer wieder neu ausgelotet wurden, so wurde auch der Skulpturenbegriff stetig hinterfragt und erneuert. Marcel Duchamps Ready-mades stellten das gängige Verständnis von Kunst radikal auf den Prüfstand. Die 1960er-Jahre stehen exemplarisch für einen erweiterten Kunstbegriff, der die üblichen Formen der Komposition und Gestaltung zugunsten von Zufallsparametern und betont alltäglichen Materialien aufgegeben hat. Bis heute stellen Künstler die Frage, was Kunst ist und was sie inhaltlich und gesellschaftlich noch leisten kann, ins Zentrum ihrer Arbeit.
KUNSTRAUM GRÄSSLIN
Die diesjährige Ausstellung zeigt die große Bandbreite künstlerischer Ausdrucksformen der Gattung Skulptur, welche sich zwischen konzeptuellen und prozessorientierten Arbeiten bewegen. Tobias Rehberger (geb. 1966), der den KUNSTRAUM GRÄSSLIN und das angrenzende Restaurant Kippys bespielt, gehört zu den wichtigsten deutschen Künstlern der
Gegenwart und ist mit seinem vielschichtigen Oeuvre international bekannt geworden. Im Kunstraum werden Werkgruppen aus der Sammlung präsentiert, darunter die Arbeit Anna, Bärbel, Bernadette, Bernward, Christian, Cosima, Karola, Katharina, Rosanna, Rüdiger, Sabine, Thomas von 1999/2009. Der Titel lässt keinen Zweifel daran, dass es sich bei dem Blumenvasen-Arrangement um ein Porträt der Familie Grässlin handelt. Rehberger entwarf für jedes Familienmitglied eine Vase, in deren Design er besondere Vorlieben oder
Eigenschaften der jeweiligen Person einfließen ließ und bat diese, ihre Lieblingsblumen beizusteuern, um das „Porträt“ zu vervollständigen. Fremd- und Selbstdarstellung treffen hier in einer spannungsvollen und poetischen Inszenierung aufeinander. Kao Ka Moo, ein Porsche 911, den Rehberger im Jahr 2000 nach Handskizzen im Billigproduktionsland Thailand anfertigen ließ, ist ein exemplarisches Beispiel für den integrativen Arbeitsprozess von Rehberger, bei dem er seine eigene künstlerische Handschrift zurücknimmt und die Produktion der Arbeiten an andere delegiert. Für das Kippys konzipiert Rehberger eine neue Werkserie mit Aquarellen und maskenartigen Lampen, die sich mit dem heidnischen Brauch des Winteraustreibens auseinandersetzen.
RÄUME FÜR KUNST
Die Präsentation im KUNSTRAUM GRÄSSLIN wird auch in diesem Jahr von dem bereits seit 1995 bestehenden Konzept RÄUME FÜR KUNST begleitet, das leer stehende Ladenlokale und Schaufenster, ehemalige Fabrikräume, den Plenarsaal des Rathauses, den Stadtgarten sowie die Privathäuser der Familienmitglieder als Ausstellungsorte nutzt.
Die Materialien Holz und Stoff ziehen sich wie ein Leitmotiv durch die Arbeiten von Cosima von Bonin, die in der Bahnhofstrasse zu einem bühnenartigen, begehbaren Setting zusammengeführt sind. Im gleichen Gebäude werden die konzeptuellen Werke von Kai Althoff, Tom Burr, Mark Dion, Christian Philipp Müller, Jan Timme und Joseph Zehrer präsentiert. Werke von Christopher Williams sowie Auflagenobjekte von Joseph Beuys, John Chamberlain und Sigmar Polke bilden im Heimatmuseum zusammen mit den dort ausgestellten Objekten zur Schwarzwälder Handwerkskunst einen außergewöhnlichen Dialog. Das Rathaus von St. Georgen beherbergt die ironisch-kritischen Skulpturen aus Dachlatten, Mergelsteinen und Holzpaletten des Künstlers Georg Herold. In den Privathäusern der Familienmitglieder können Arbeiten von Franz West und Heimo Zobernig sowie von Martin Kippenberger besichtigt werden. In weiteren Schaufenstern und Ausstellungsorten sind Werke von Michael Beutler, Werner Büttner, Günther Förg, Hubert Kiecol, Kalin Lindena, Meuser, Reinhard Mucha, Albert Oehlen, Markus Oehlen und Andreas Slominski präsentiert, darunter die Arbeit Klotz am Bein von Meuser, welche der Ausstellung in St. Georgen ihren Titel verliehen hat. Mit einem Augenzwinkern verweist sie auf die Tatsache, dass raumgreifende Objekte und Installationen einem Sammler auch zur Last fallen können.
DIE SAMMLUNG
Die Familie Grässlin sammelt seit den 1980er-Jahren Künstlerpositionen, deren Werke facettenreich und vielfältig sind und oft keiner medialen Einschränkung unterliegen. Neben Malerei, Zeichnung, Fotografie und Film sind es vor allem Skulpturen und raumgreifende Installationen, die seither Eingang in die Sammlung finden. In den 1990er-Jahren wurden diese durch internationale junge Künstlerpositionen erweitert, die sich mit konzeptuellen Fragestellungen und Ortsbezogenheit auseinandersetzen.
Über die Stadt verteilt trifft der Ausstellungsbesucher auf weitere Werke aus der Sammlung, die teilweise als Dauerinstallation im Außenraum präsentiert sind. Mit Erich Hausers Säulenwand 30/69 aus dem Jahre 1969 ergibt sich ein Rückblick auf die Anfänge der Sammlung Grässlin, die in den 1970er-Jahren von Dieter und Anna Grässlin begonnen wurde.
SAMMLUNG GRÄSSLIN
Museumstraße 2
78112 St. Georgen
http://www.sammlung-graesslin.eu
Pressemitteilung
Kataloge/Medien zum Thema:
Tobias Rehberger
Verein Berliner Künstler
a.i.p. project - artists in progress
neurotitan
GG3 - Galerie für nachhaltige Kunst
Freundeskreis Willy-Brandt-Haus e.V.