Eine Kunstausstellung ist mehr als die Summe der in ihr präsentierten Werke. Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu, wird aber von kaum einem Künstler derart konsequent gelebt, wie Heimo Zobernig es tut. In über 30 Jahren Ausstellungstätigkeit versteht es der österreichische Künstler (geboren 1958 in Mauthen, lebt in Wien) auf einzigartige Weise, sein vielschichtiges Werk und dessen Bedeutung von der Starrheit eines Œuvres zu bewahren und in sich veränderten Kontexten beweglich zu halten. Der Pragmatismus und das Lapidare, die Zobernigs Arbeiten oberflächlich gesehen aufzuweisen scheinen, werden von einem kritischen und gleichzeitig spielerischen Umgang mit dem Skulpturenbegriff unterlaufen, der – gespickt mit historischen Referenzen und Zitaten – stets mehr Fragen zum Erbe der Moderne und der buchstäblichen Gegenwart stellt, als es Antworten gibt.
Augenscheinlich wird dieser flexible Umgang mit dem eigenen Werk vor allem, wenn Heimo Zobernig eine Ausstellung wie diese für zwei so unterschiedliche Orte wie den neoklassizistischen Palacio de Velázquez des Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia in Madrid und das organisch geformte Kunsthaus Graz entwirft. Zumal der Boden, auf dem eine Skulptur steht, für Zobernig von ebenso großem Interesse ist wie die Skulptur selbst, sind seine Installationen niemals als solche in Stein gemeißelt, sondern verändern sich mit der jeweiligen Umgebung und den wechselnden Voraussetzungen.
So wandelbar Zobernigs Werk ist, so unterschiedlich sind die Rollen, in die der Künstler selbst innerhalb seiner Projekte schlüpft: Grafiker, Bühnenbildner, Regisseur, Architekt, Maler, Bildhauer, Kurator oder Kritiker. Die gegenseitige Durchdringung künstlerischer Genres und die Verschränkung von Ausgestelltem und Ausstellungsort sind Grundmotive seines Schaffens und rücken den vielzitierten performativen Aspekt seines Werks in den Vordergrund. Denn Zobernigs
Settings sind nicht auf Objekte, Bilder, Filme und Installationen zu reduzieren, sein Interesse an räumlichen Beziehungen verbindet sein Werk mit Institutionskritik, architektonischen Betrachtungen und dem Hinterfragen von physischen Räumen der Kunst.
Dabei zielt Heimo Zobernig nicht auf die Vereinigung der Künste ab, sondern erzeugt durch mediale Vermischungen und eine Fülle an Verweisen auf die Moderne kleine Verschiebungen und Variationen, die beim Betrachten das trügerische Gefühl von Vertrautheit und Entfremdung erzeugen. Für eine Reihe ziemlich ähnlicher Leinwandbilder beispielsweise verwendet Zobernig monochrome und reine Farben, „befleckt“ diese aber mit linguistischen Zeichen. Bei genauer Betrachtung erscheinen Begriffe wie ein Wasserzeichen in der monochromen Oberfläche, die etwas Ähnliches wie einen Sound ergeben. Gehängt auf hauseigene Stellwände, die die Spuren der
vergangenen Ausstellungsnutzung offen vor sich hertragen, vereinigen sich die Bilder mit den auf ihnen formulierten Inhalten und mit ihrer physischen Umgebung. Ein Beispiel dafür, wie das Medium – in diesem Fall das der Malerei – in Heimo Zobernigs Werk über seine Grenzen hinauszutreten vermag. Zobnernigs Auseinandersetzung mit der Malerei und dem darüber geführten Diskurs bilden unter anderem einen zentralen Schwerpunkt der Ausstellung, die der Künstler selbst als „Genealogie des Monochromen“ begreift.
Auch den Katalog zur Ausstellung befreit Heimo Zobernig durch eine nonkonformistische Gestaltung von den Beschränkungen, die das Medium Buch und die landläufige Vorstellung dessen, was ein Buch ist, sein soll und können muss, vorgibt. In enger Zusammenarbeit mit dem Künstler und Jürgen Bock, dem Gastkurator der Ausstellung in Madrid, entwarf der deutschportugiesische Grafiker Arne Kaiser ein umfangreiches Werk, das anhand der künstlerischen Biografie versucht, Zobernigs wandelbares Œuvre zu fassen, ohne es dabei hermetisch zu verschließen. Der Katalog ist um 35 Euro in deutscher und englischer Sprache erhältlich und erscheint im Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln.
http://www.museum-joanneum.at
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