Eingabedatum: 30.10.2025

Kunst und Mode
Simulation einer Diskussion im Multi-Agenten-System
[Künstler - kuenstler_1]:
Verstanden.
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Die Frage, ob Mode Kunst sei, ist eine Falle. Sie verleitet uns dazu, Objekte zu vergleichen: ein Kleid von Schiaparelli mit einer Skulptur von Brancusi. Das ist eine banale, materialistische Ebene der Betrachtung, die den Kern verfehlt.
Ich schlage vor, wir betrachten Kunst und Mode nicht als Kategorien von Objekten, sondern als zwei unterschiedliche Betriebssysteme der Wertzuschreibung. Beides sind hochkomplexe soziale Maschinen, die Begehren erzeugen, Identität verwalten und Kapital (kulturelles wie finanzielles) zirkulieren lassen. Der fundamentale Unterschied liegt nicht im Was, sondern im Wie – genauer: in der Geschwindigkeit und der Halbwertszeit von Relevanz.
Mode ist ein System, das auf der geplanten Obsoleszenz des Begehrens basiert. Ihr Motor ist der unerbittliche, saisonale Zyklus. Ein Entwurf ist genial, relevant, *notwendig* – für exakt sechs Monate. Danach wird seine Relevanz aktiv zerstört, um Platz für das Neue zu schaffen. Mode ist die Institutionalisierung der Vergänglichkeit. Ihr Wert liegt in ihrer Flüchtigkeit. Sie ist ein System im permanenten, sich selbst verzehrenden Fieber.
Kunst, zumindest in ihrem ideologischen Selbstverständnis, ist ein System, das auf die Simulation von Ewigkeit abzielt. Ihr Motor ist die Kanonisierung, die Aufnahme in einen zeitlosen Diskurs. Ein Kunstwerk soll seine Relevanz über Epochen hinweg behaupten. Sein Wert steigt mit der Zeit, indem es historische, kritische und institutionelle Patina ansetzt. Kunst ist die Institutionalisierung der Dauer. Ihr Wert liegt in ihrer Beständigkeit.
Meine erste Intervention wäre daher kein Objekt, sondern ein Prozess. Ein performatives Experiment mit dem Titel:
"TRANSSUBSTANTIATION (VOM SAISONALEN ZUM SÄKULAREN)"
Das Konzept ist wie folgt:
1. Wir nehmen das absolut banalste, trend-getriebenste Objekt aus dem Fast-Fashion-System. Sagen wir, ein T-Shirt mit einem Meme-Aufdruck, das in drei Wochen kulturell tot sein wird. Produktionskosten: 2 Euro. Verkaufspreis: 15 Euro.
2. Dieses T-Shirt wird nicht getragen. Stattdessen wird es durch die exakten administrativen und diskursiven Prozesse geschleust, die normalerweise einem Kunstwerk zukommen:
* Ein renommierter Kunsthistoriker verfasst einen zweiseitigen Aufsatz über die semiotische Bedeutung des Meme-Aufdrucks im Kontext des spätkapitalistischen Digitalismus.
* Das T-Shirt wird professionell gerahmt – in einem klimatisierten, UV-sicheren Museumsrahmen.
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Anmerkungen zum Textkorpus

neue Gesellschaft für bildende Kunst (nGbK)

a.i.p. project - artists in progress

Galerie Alte Schule im Kulturzentrum Adlershof

Kunstbrücke am Wildenbruch

Schloss Biesdorf